„Das Streben nach Glück ist tief im Menschenherz verankert und schon immer von der Sehnsucht begleitet, von Krankheit befreit zu werden und ihren Sinn zu verstehen, wenn man davon betroffen ist“ („Instruktion über die Gebete um Heilung durch Gott“, veröffentlicht durch die Kongregation für die Glaubenslehre, 2000, Einleitung).
Im März dieses Jahres nahmen 13 Männer aus Deutschland an sogenannten Heilungsexerzitien mit P. Klaus Einsle LC teil. Die geistlichen Exerzitien fanden in der Gebetsstätte Marienfried (bei Pfaffenhofen) statt. Geistlich begleitet wurden die Teilnehmer (im Alter zwischen 23 und 65 Jahren) außerdem von P. Joachim Richter LC.
Themen und Programm
Die fünftägigen Exerzitien standen unter dem Thema: „Endlich frei – bereit für den Kampf des Lebens“. Während der Tage beschäftigten sich die Teilnehmer mit Fragen, wie z.B.: der Plan Gottes mit den Menschen (Genesis); der Bruch mit Gott und untereinander durch die Sünde; die drei Arten von „Verwundung“ („Erb-Wunde“, Kindheitswunden, negative Prägungen); der Heilsweg durch Christus; die Identität des Menschen in Christus (das geliebte Kind Gottes, der verlorene Sohn…); die Wichtigkeit der Vergebung und der Suche nach der Wahrheit; die Wichtigkeit der Sakramente als Sakramente des Heil(en)s.
Warum das Leid?
Krankheit und Schmerz sind in unserem Leben allgegenwärtig, sie treffen jeden, selbst jene, die nur das Beste wollen und nach dem Guten und Gerechtigkeit streben. Besonders deutlich wird das in der biblischen Gestalt des Ijob. „Wenn der Herr zustimmt, dass Ijob durch Leiden geprüft wird, so tut er das, um dessen Gerechtigkeit zu beweisen. Das Leiden hat hier den Charakter einer Prüfung“, schrieb der hl. Johannes Paul II. in seinem Apostolischen Schreiben „Salvifici doloris“ (1984, Nr. 11).
Und doch bleiben Leiden und Krankheit ein Übel. Schon der Prophet Jesaja kündet kommende Zeiten an, in denen es keine Krankheiten und Leiden mehr geben und der Lebensfaden nicht mehr vom Tod abgeschnitten wird (vgl. Jes 35,5-6; 65,19-20).
Benedikt XVI. schreibt dazu, dass die Frage, warum die Krankheit auch die Gerechten trifft, ihre volle Antwort erst im Neuen Testament fände (vgl. „Instruktion über die Gebete um Heilung durch Gott“, Nr. 1): „Während seiner öffentlichen Tätigkeit begegnet Jesus den Kranken immer wieder. Viele heilt er auf wunderbare Weise. Die Heilungen charakterisieren geradezu seine Tätigkeit. (…) Sie offenbaren den Sieg des Reiches Gottes über jede Art von Übel und werden Symbol für die Wiederherstellung des ganzen Menschen an Leib und Seele. Sie dienen als Beweis, dass Jesus die Vollmacht hat, Sünden zu vergeben (vgl. Mk 2,1-12), und sind Zeichen der Heilsgüter, wie die Heilung des Gelähmten am Teich Betesda (vgl. Joh 5,2-9.19-21) oder des blind Geborenen (vgl. Joh 9).“
Wer wünscht sich nicht manchmal selbst ein Wunder, einen Weg, um schnell gesund und heil zu werden? Das Gebet um Heilung, d.h. die Wiedererlangung der Gesundheit, ist wohl auch deshalb in jeder Epoche der Kirche zu finden, bis heute.
Gott ist kein Wunderautomat
Doch wer kann wirklich Heilung schenken und wie können wir Gott darum bitten? Um Missbrauch vorzubeugen und Irrtümer zu vermeiden, regelt in der katholischen Kirche seit dem Jahr 2000 eine eigene Handreichung der Glaubenskongregation die damit einhergehenden lehrmäßigen und liturgischen Fragen, die das Thema der Heilungsgnaden und der Gebete um diese Gnaden aufwirft („Instruktion über die Gebete um Heilung durch Gott“).
Gleich zu Beginn wird darauf hingewiesen (Nr. 1 und 2): „‚Der Mensch ist zur Freude berufen, erfährt aber täglich auf vielfältige Weise Leid und Schmerz.‘ Wenn der Herr die Erlösung verheißt, spricht er deshalb von der Freude des Herzens über die Befreiung von den Leiden (vgl. Jes 30,29; 35,10; Bar 4,29). Er ist es, ‚der aus allem Übel erlöst‘ (Weish 16,8).
(…) Unter der Voraussetzung, den Willen Gottes anzunehmen, ist die Sehnsucht des Kranken nach Heilung gut und zutiefst menschlich, vor allem, wenn sie sich im vertrauensvollen Gebet zu Gott ausdrückt.
(…) Selbstverständlich schließt das Gebet den Gebrauch sinnvoller natürlicher Mittel zur Bewahrung und Wiedererlangung der Gesundheit nicht aus, sondern ermutigt vielmehr dazu, so wie es die Kinder der Kirche auch antreibt, sich um die Kranken zu sorgen und ihnen im Bemühen, über die Krankheit zu siegen, Hilfe an Leib und Geist zu gewähren."
Es ist immer nur Gott, der erlöst!
P. Klaus, sie haben schon mehrmals Heilungsexerzitien geleitet. Mal ganz konkret: Was sind Heilungsgebete?
P. Klaus: Wir alle spüren, dass in uns Verhaltensweisen vorhanden sind, die nicht dem Evangelium entsprechen, uns bisweilen zur Sünde führen. Viele machen auch die Erfahrung, dass sie Sünden immer wieder beichten, diese aber schnell wieder zurückkommen. Und das über Jahre, ja ein ganzes Leben. Der Buchautor Bob Schuchts beschreibt in seinem Buch ‚Be healed‘ eine innere Dynamik, die darauf abzielt, dass die Sünde nur die ‚Frucht‘ des Baumes ist, solange aber die ‚Wurzel‘ nicht heil wird, immer wieder schlechte Früchte am Baum wachsen. Die Wurzel sind laut Schuchts die Wunden der menschlichen Seele. Diese Wunden bedürfen der Heilung. Auf die Entdeckung und ‚Bearbeitung‘ dieser Wunden und deren Folgen zielen die Exerzitien ab, die das Thema Heilung und Befreiung tragen. Wenn durch diese Wunden gewisse innere Bindungen entstehen, wird auch bisweilen ein Befreiungsgebet gesprochen.
Welche Hilfen erwarten sich Christen von Heilungsgebeten?
P. Klaus: Wir erwarten uns eine wachsende innere Freiheit und ein schrittweises Heilen dieser ‚Wunden‘, die Christus als Heiland und Messias getragen hat und die heilen möchte. Auf dem Weg zu einem ‚Leben in Fülle‘ (Joh 10,10) sind diese Hilfe nützlich.
Wo liegt z.B. die Grenze zwischen Gebet und Medizin?
P. Klaus: Das Gebet erhofft und erwartet heilende und befreiende Schritte durch das Wirken des Geistes Gottes. Die Medizin hat ihre natürlichen Wege und Mittel. Dies gilt einerseits auseinanderzuhalten, gleichzeitig liegt das kein ‚Entweder-oder‘, sondern ein ‚Sowohl-als auch‘. Gleiches gilt auch für Heilung und Psychologie. Dort ist die Grenzziehung noch diffiziler und bedarf der Weiterbildung jener, die im ‚Heilungsdienst‘ tätig sind.
Wie haben die Teilnehmer die Exerzitien erlebt?
„Was mir am meisten geschenkt wurde, war das Loslassen im Gebet: Sich zurückzunehmen und Gott wirken zu lassen. Auch die Beichte war sehr stark sowie die Erkenntnis, wie stark man sich von den Lebenslügen beeinflussen hat lassen. Der Höhepunkt beim Gebetsabend war für mich die Vergebung von Kindheitsverletzungen: Mein Vater hatte mich weggegeben, als ich ein kleines Kind war. Ich konnte ihm vergeben. Da habe ich auch gemerkt, wie mächtig der Name Jesus ist. Ich bin sehr dankbar dafür, hier gewesen sein zu dürfen.“
„Jedes Mal, wenn ich anderen Vergebung zuspreche, wächst mein innerer Friede und die innere Gelassenheit. Auch die Zurückweisung der Lebenslügen erlebe ich als einen Prozess, den ich mit Gottes Hilfe immer weiter in die Tiefe führen darf.“
Weitere Exerzitienangebote
Die Priester der Legionäre Christi sind vor allem im Bereich der geistlichen Begleitung und Ausbildung tätig, und bieten für Frauen und Männer zu verschiedenen Themen im Laufe des Jahres Einkehrtage und geistliche Exerzitien an. Alle Angebote und Online-Anmeldung finden Sie hier auf unserer Webseite.
(von Karl-Olaf Bergmann)