„Auch wenn mein Bruder jetzt schon mehrere Jahre von Hause weg ist, hat sich an unserem Verhältnis gar nichts geändert. Wir können genauso scherzen und locker miteinander umgehen wie früher. Auch mit schwarzer Soutane und Römerkragen bleibt er mein ‚kleiner Bruder‘ und ich freue mich sehr für ihn, dass er der Weg ins Ordensleben nun tatsächlich sein Weg geworden ist“, sagt Jonas an dem Nachmittag nach der feierlichen ersten Profess seines leiblichen Bruders Nils. Es ist kühl und windig geworden in Neuötting-Alzgern, aber die Stimmung unter den Gästen im Festzelt vor dem Noviziat der Legionäre Christi ist warm und lebendig. Das Kuchenbuffet ist gut gefüllt und an Kaffee und weiteren Getränken ist auch kein Mangel. Neben Jonas und den anderen Mitgliedern der Familie Schäfer sind auch Angehörige und Freunde vieler anderer Novizen und Ordensleute hier. Die meisten von ihnen sind auch Mitglieder der Apostolatsbewegung Regnum Christi oder stehen ihr zumindest nahe und so ist Beisammensein mit den Ordensmännern und gottgeweihten Frauen der Bewegung aus mehreren Gründen familiär und herzlich. Heute wird hier gefeiert. Sie freuen sich über den Mut und die Hingabe von acht jungen Männern, vier die das Noviziat mit der Profess beendet haben und vier, die diese Vorbereitungszeit zum Ordensleben nun beginnen werden.
Warum braucht eine Berufung auch Mut?
Die vier jungen Männer sind katholisch aufgewachsen, bewegen sich in der Gemeinschaft Regnum Christi wie die sprichwörtlichen Fische im Wasser. Und doch sind sie natürlich Kinder ihrer, der heutigen Zeit. Und heute braucht es eben Mut, einen Lebensstil zu wählen, der so ganz anders ist wie das, was die meisten jungen Menschen in ihrem Alter leben. Statt wilder Partys werden die jungen Männer in den nächsten zwei Jahren in Stille und Zurückgezogenheit ihre Berufung zum Ordensleben und Priestertum gezielt nachgehen. Dazu gehört das Bewusstsein, dass es Gott ist, der sie ruft, weil er mit jedem von ihnen einen ganz eigenen Plan hat. Dazu gehört auch das Gebet, die Vertiefung ihrer eigenen Beziehung zu Gott, die Kenntnis der Kongregation, ihrer Spiritualität und ihrer pastoralen Arbeitsbereiche.
Offen für Neues und getragen von Gottvertrauen
Die Entscheidung für einen solchen Schritt im Leben mutet heute vielleicht wie eine Zäsur an, selbst wenn man eine katholische Schule besucht hat. Und das erfordert auch eine gewisse Abenteuerlust. „Ich weiß zwar im Großen und Ganzen, was wir machen werden, aber wie es für mich werden wird, weiß ich natürlich noch nicht. Doch ich vertraue darauf, dass es mit Gottes Hilfe eine gute Zeit wird“, schließt Bruder Lukas Nix nLC die kurze Vorstellung seiner Person an die Gäste im Festzelt. Er kommt aus Düsseldorf und ist mit der Kinder- und Jugendarbeit des Regnum Christi aufgewachsen. Auch Bruder Rafael Meyer nLC aus Freiburg im Breisgau kennt die Legionäre Christi schon seit langem. Er hatte die Gemeinschaft besonders durch deren Freizeitcamps kennengelernt. Als Jugendlicher begann er zunächst ein Jahr als Coworker an der Apostolischen Schule in Bad Münstereifel, wo ihm zum ersten Mal der Gedanke an das Priestertum kam und wo er zusammen mit Bruder Lukas und Bruder Jan in diesem Sommer das Abitur machte. Den Moment der Übergabe der Einkleidung erlebte Bruder Rafael als wichtigen Meilenstein auf seinem Berufungsweg und freut sich darauf, „in den nächsten zwei Jahren die Freundschaft mit Jesus zu vertiefen und ihm alles zu geben“.
„Der Kragen kratzt ein bisschen“, lacht Bruder Jan Chau nLC daneben. In die kommenden zwei Jahre des Noviziats geht er mit demselben Abenteuergeist, der ihn das letzte Schuljahr in Spanien überstehen ließ. Obwohl Spanisch zu den Fächern an der Apostolischen Schule in Bad Münstereifel zählte, fühlte er sich in Valencia „ein wenig ins kalte Wasser geworfen, so ganz unter Muttersprachlern. Und dann musste ich ja auch das Abitur in der fremden Sprache schreiben. Da hab ich ganz schön geschwitzt. Und gebetet. Ohne Gottvertrauen wäre das nicht gegangen“. Dieses Vertrauen, dass Gott einen Plan für sein Leben hat und ihn nicht irre leiten wird, führte den 18-Jährigen im Sommer in die Kandidatur. Obwohl diese Wochen ein Wiedersehen mit ehemaligen Mitschülern waren und Pater Stefan Kavecky LC und Pater Daniel Weber LC viel Spaß hinein brachten, war es für Bruder Jan doch „ein echtes Ringen mit Jesus“. „Und das bis zum letzten Tag der Kandidatur“ fährt er fort. „Letztendlich hat Jesus dann gewonnen und schließlich ist es bisher immer gut ausgegangen, wenn ich ihm vertraut habe. Deswegen gibt es heute für mich nichts Besseres, als Jesus mein Leben zu geben.“
Von Krakau nach Neuötting-Alzgern
Für Bruder Mieszko Konarski nLC ist es nach wie vor eine große Überraschung, sich selbst in dem kleinen Ort Neuötting-Alzgern in der bayerischen Provinz wiederzufinden. Noch ein Jahr zuvor schien sich der blonde junge Mann aus der polnischen Stadt Krakau auf direktem Wege in ein ganz anderes Leben zu befinden. Der Ingenieursstudent hatte mit seiner damaligen Freundin sogar schon über das Thema Ehe und Familie gesprochen. „Wir kannten uns seit einigen Jahren und da schien das damals irgendwie zu passen“ lächelt er. „Mit 22 oder 23 wollte ich verheiratet sein.“
Die Wende in seinem Leben kam dann ziemlich schnell, aber auch unspektakulär und leise. Zunächst brach er das Studium ab – „Es war dann doch nicht das Richtige für mich“ – und als einige Monate später die Beziehung in die Brüche ging, schien der Zeitpunkt für eine Neuorientierung gekommen zu sein. Bruder Mieszko scheint mit seiner Entscheidung im Reinen, die blauen Augen blicken klar, als er von dieser Zeit erzählt, er bereut nichts. Das Thema Berufung hatte für ihn, der katholisch aufgewachsen ist, immer schon mehrere Seiten. Als Jugendlicher lernte er die Dominikaner kennen. „Sie haben in Krakau viele Apostolate, sind besonders für die Kinder und Jugendlichen da. Die Ordensmänner haben mich beeindruckt in ihrer Klugheit und weil sie gut auf die Menschen eingehen. Sie sind für die Menschen da, hören ihren Nöten zu. Ich habe immer gedacht, wenn ich eine geistliche Berufung hätte, dann würde ich gern Dominikaner werden.“
Als er vor zwei Jahren in Litauen während einer Pfarrmission Pater Mariusz Kielbasa LC traf, lernte er über diesen die Legionäre Christ kennen, die sich in einer Art und Weise um die Menschen bemühen, wie er sie in Krakau an den Dominikanern so bewundert hatte. Als tatkräftiger junger Mann suchte daraufhin nach einer Möglichkeit, mehr über diese Kongregation und ihre Art zu leben zu erfahren. Auf seinen Wunsch hin nahm Pater Mariusz ihn zunächst zu einem Besuch ins Noviziat nach Neuötting-Alzgern mit. Während des Arbeitsmonat konnte er die Novizen kennenlernen und war von ihrer Gemeinschaft und ihrer Art zu leben und zu beten so beeindruckt, dass auch ein anschließender Besuch bei der dominikanischen Gemeinschaft in Krakau nichts mehr an seinem Entschluss, in das Noviziat der Legionäre Christi einzutreten, ändern konnte. Seine Familie hätte sich übrigens weniger Sorgen wegen seines geänderten Lebensplanes gemacht, als darum, wie er in Bayern und mit der fremden deutschen Sprache zurechtkommen würde, fügt Bruder Mieszko lachend hinzu.
Wir wünschen den neuen Novizen eine gesegnete Zeit in Neuötting-Alzgern und versichern sie unseres Gebets.