Mit einem Flug über Istanbul nach Bischkek begann am 16. August für die elf Teilnehmer die Reise ins Abenteuer. Die erste Etappe der Reise war eine fünfstündige Fahrt im Kleinbus nach Karakol nahe dem Yssykköl-See, einem der größten Seen der Welt. Doch warum das Ganze?
Die beste Version seiner selbst
Die Idee hinter dem apostolischen Projekt „Adventure & Faith“ des Regnum Christi ist es, Menschen durch Abenteuer und Gemeinschaftserfahrungen in der Natur zu inspirieren und zu befähigen, die „beste Version“ ihrer selbst zu werden und, durch diese Erfahrungen motiviert, auf ihr Umfeld im Alltag positiv einzuwirken. Außerhalb des üblichen und alltäglichen Umfelds und den Alltagssorgen sollen die Teilnehmer ganz neue Seiten an sich entdecken können. Herausforderungen und unerwartete Situationen bringen sie dazu, Grenzen zu überschreiten und sie erfahren, was es heißt, in innerer Freiheit zu wachsen.
P. Clemens Gutberlet LC begleitete die Teilnehmer als Seelsorger und erzählt im Interview über die Planung, die Herausforderungen und bewegende Momente.
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P. Clemens, Sie waren heuer mit „Adventure & Faith“ im Hochgebirge von Kirgisistan. Warum machen Sie eine so weite Reise, um Gott zu suchen? Ist Gott nur jenseits unserer Grenzen (Komfortzone) zu finden?
P. Clemens: Natürlich ist Gott uns ganz nah und braucht nicht in der Ferne gesucht werden, aber es geht eben darum, ein Abenteuer zu erleben, unbekanntes Terrain, sogar unberührtes Land zu beschreiten. Das schafft ein besonderes Ambiente und eine Offenheit für Gott. Das „An-unsere-Grenzen-gehen“ lässt uns unsere Bedürftigkeit erkennen, unsere Abhängigkeit von der Gruppe und im Letzten von Gott. Die Bitte um den Segen für den Tag kommt dann ganz natürlich. Ich selbst war überrascht, wo ich überall Grenzen meiner Komfortzone gefunden habe, und zwar gar nicht so sehr im physischen, sondern im Zwischenmenschlichen und zum Beispiel in der Abhängigkeit von meinem Willen.
Natürlich ist Gott nicht nur da, wo es unbequem wird, ganz und gar nicht, aber die Bereitschaft das eigene Kreuz zu tragen bedeutet doch, uns vom Leben, von den Mitmenschen, von Gott aus Liebe aus der Komfortzone führen zu lassen und so Jesus ähnlich zu werden.
Wie habt Ihr die Route geplant? Auf was musstet Ihr achten?
P. Clemens: Einer unserer Teilnehmer war bereits letztes Jahr in Kirgisistan, um die örtlichen Gegebenheiten zu erkunden und Routen besser planen zu können. Wir wollten von Karakol aus sechs Tage im Hochgebirge wandern und zweieinhalb Tage auf dem Pferderücken verbringen. Wegen widriger Umstände verkürzten wir die Hochtour auf fünf Tage. Vom Yssykköl-See, der auf 1800m und der Nähe von Karakol liegt, gehen mehrere parallele Täler nach Süden in das kirgisische Hochgebirge. Wir starteten die Expedition im Tal des „Turgan Aksuu“ Gletschers und überquerten von Osten nach Westen drei Gebirgszüge. Auf diese Weise konnte uns jedes der Täler als Ausweg dienen. Wir suchten mit Online-Karten nach machbaren Übergängen über die Bergkämme, die nicht als Wege eingezeichnet waren, notierten uns aber zur Sicherheit auch bereits bekannte Pfade. Am zweiten Tag zum Beispiel, entschieden wir uns auf einen solchen zurückzugreifen, weil wir den Anstieg zum Kamm über ein Geröllfeld für zu gefährlich einstuften.
Wie habt Ihr Euch im Hochgebirge versorgt?
P. Clemens: Das Essen für die Wanderung trugen wir mit uns, d.h. 4,5 kg in der Trockenmasse pro Person, alles in kleine Plastiktütchen vorher abgepackt: Müslimischung mit Milchpulver, die wir zum Frühstück mit heißem Wasser anrührten, ein Beutelchen Instant-Coffee, zwei Landjäger und ein paar Kekse fürs Mittagessen. Zum Abendessen ein Fertig-Nudelgericht zum Aufkochen, dafür hatten wir vier kleine Gaskocher, mit den wir jeden Tag für alle das heiße Wasser und die Nudeln kochten. Dazu noch einen Energyriegel für jeden pro Tag. Zusätzlich hatten wir Zelte, Schlaf– und Biwaksäcke mit und die nötigste Kleidung. Die Rucksäcke der Teilnehmer wogen dementsprechend im Schnitt 17 kg bis deutlich über 20 kg.
Wie können wir uns den Tagesablauf vorstellen?
P. Clemens: Aufstehen war bei Tagesanbruch, Zelte und draußen gelassene Gegenstände waren morgens schon mal vom Raureif weiß. Die reine Bewegungszeit betrug im Schnitt nur drei Stunden pro Tag, aber wir waren gewöhnlich sechs bis sieben Stunden am Wandern, da wir wegen der Anstrengung aufgrund des Gewichts und der dünnen Luft oft Pausen einlegten.
Im Hochgebirge bewegten wir uns im Gelände, größtenteils ohne Pfade, zwischen 2.600m - 3.700m über dem Meeresspiegel. Während der ersten Pause auf der täglichen Wanderung nahmen wir uns Zeit für einen Tagesimpuls. Die hl. Messe feierten wir täglich unter freiem Himmel, spontan und an einer geeigneten und schönen Stelle, uns diente meist ein großer Stein als Altar.
Wie viele Kilometer habt Ihr zurückgelegt?
P. Clemens: Mit dem Kleinbus legten wir insgesamt etwa 1.000 km zurück, zu Fuß nur 56 km dafür aber 3.200 Höhenmeter, zu Pferd 52 km und 1.800 Höhenmeter.
Wie kann das, was Ihr erlebt habt, denen Frucht bringen, die nicht mit dabei waren?
P. Clemens: In der Gruppe haben wir unterwegs mehrmals unsere Erfahrungen geteilt: High-, low- und God-Moments. Ein besonderer Moment war, als wir auf dem höchsten Punkt der Tour (3700m) aus Steinen ein Kreuz auf dem Boden errichtet haben. In einem Gebetsmoment habe ich ein Segensgebet über das muslimische Land und seine Leute gesprochen. Ein Moment, der viele der Gruppe tief bewegt hat. Das Gebet floss durch mich, quasi ohne mein Zutun. Ich spürte, wie Gott mich als Instrument nutzt. Im Anschluss daran hielten wir an derselben Stelle dann den Impuls für den Tag. Dabei wollten mir die Gedanken, die vorbereitet hatte, nicht in den Kopf kommen. Aber Gott animierte mich mit dem Gedanken „meine Gnade genügt dir".
Lieber P. Clemens, danke für das Interview!
Über „Adventure & Faith“?
Alles begann 2015 in Schladming (Österreich). „Irgendwie wussten wir, heute entsteht etwas Neues“, schreibt das Team auf der Webseite, dem, neben Pater George Elsbett LC, Männer und Frauen mit sehr unterschiedlichen Biographien und außergewöhnlichen Berufserfahrungen angehören. „Wir teilten alle die Intuition, dass gemeinsame herausfordernde Erlebnisse, gemeinsame Abenteuer in der Natur enormes Potential haben. Sie können ein Art Trainingslabor sein, um sich für das vorzubereiten, was Papst Franziskus im Sinn hatte, als er einmal sagte: Authentischer Glaube bringt immer mit sich den Wunsch, die Welt zu verändern. Uns war auch bewusst, dass dies mit der Bereitschaft zu tun hat, die eigene Komfortzone zu verlassen.“ „Adventure & Faith“ begann als eine Art „Start-up“ und betrachtet das „Zentrum Johannes Paul II.“ der Legionäre Christi und des Regnum Christi in Wien als seine „Base“. Mittlerweile bietet das Programm mehrmals im Jahr herausfordernde und intensive Events für Frauen und Männer an.
► Informationen zu „Adventure & Faith“ finden Sie auf der Webseite hier!
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