Welche Bedeutung hat die Fastenzeit für unseren Lebens- und Glaubensweg im Regnum Christi? In einem Brief an alle Mitglieder zeigt P. Andreas Schöggl LC (Territorialdirektor) wesentliche Dimensionen im Leben der Apostolatsbewegung auf. Biblisch erinnert die Fastenzeit an die vierzigjährige Wanderschaft des Volkes Israel aus Ägypten ins Gelobte Land. „Das Leben des Mose erfuhr seine entscheidende Wendung, als er im brennenden Dornbusch Gott begegnete“, schreibt P. Andreas. Aufbrechen, Gott begegnen, in Bewegung bleiben, Gemeinschaft, Jünger und Apostel sein, gerade darum geht es im Regnum Christi. So zieht er auch eine direkte Verbindung zum Jugend- und Familientreffen, MOVE 2017, vom 16. - 19. Juni in Regensburg, und lädt Sie alle herzlich dazu ein. Lesen Sie den Brief im Wortlaut! Sie können den Brief auch als PDF herunterladen.
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Dein Reich komme!
An die Mitglieder und Freunde
des Regnum Christi
im deutschen Sprachraum
1. März 2017
Aschermittwoch
Liebe Freunde!
Wir stehen am Beginn der vierzigtägigen Fastenzeit, die uns biblisch an die vierzigjährige Wanderschaft des Volkes Israel aus Ägypten ins Gelobte Land erinnert. Das war kein Sonntagsspaziergang, sondern ein gewaltiges gemeinsames Glaubensabenteuer. Doch die größte Herausforderung für Mose bestand darin, sein Volk überhaupt in Bewegung zu bringen und ausdauernd in Bewegung zu halten. Viele waren mit ihrem Leben in der Sklaverei nicht zufrieden. Manche träumten von einem Stück Erde, um in Freiheit leben zu können. Aber in Ägypten hatten sie genug zu essen, und die Ägypter würden außerdem jede Veränderung mit Gewalt zu verhindern suchen. Warum also etwas Neues wagen, ein solch großes Risiko mit scheinbar ungewissem Ausgang eingehen? „Bleiben wir doch lieber, wo wir sind“, haben sich sicher viele Israeliten gedacht. Wie es dann tatsächlich verlaufen ist, lesen wir im Buch Exodus, das die Kirche uns in den heiligen Messen und im Stundengebet für die Fastenzeit besonders empfiehlt.
Vor diesem Hintergrund möchte ich mit Ihnen über unseren Lebens- und Glaubensweg nachdenken, und dabei wesentliche Dimensionen im Leben der Mitglieder des Regnum Christi in Erinnerung rufen. Ich tue dies auch ganz bewusst im Hinblick auf die MOVE 2017, das Jugend- und Familientreffen unserer Apostolatsbewegung vom 16. - 18. Juni in Regensburg, das diesmal unter dem Motto steht: „Let’s MOVE! – Die Liebe Christi drängt uns“.
Die Begegnung mit Gott
Das Leben des Mose erfuhr seine entscheidende Wendung, als er im brennenden Dornbusch Gott begegnete. Er hatte etwas gesehen, das er sich mit seinem menschlichen Verstand nicht erklären konnte: „Da brannte der Dornbusch und verbrannte doch nicht“ (Ex 3,2). Als er näher kam, sprach ihn Gott selber an und offenbarte ihm, dass ihm die Not seines Volkes nicht gleichgültig war und er es befreien wollte. Ab diesem Moment ging es in seinem Leben nicht mehr um die Schafe und Ziegen auf der Weide, sondern um die Beziehung zu diesem Gott, der sich seines Volkes angenommen hatte.
Benedikt XVI. beschrieb diese Ursprungserfahrung des Glaubens, wenn er sagte: „Am Anfang des Christseins steht nicht ein ethischer Entschluss oder eine große Idee, sondern die Begegnung mit einem Ereignis, mit einer Person, die unserem Leben einen neuen Horizont und damit seine entscheidende Richtung gibt“ (Deus caritas est, 1). Gleichsam als „Formel der christlichen Existenz“ zitierte er dazu einen Satz aus dem ersten Johannesbrief: „Wir haben die Liebe erkannt, die Gott zu uns hat, und ihr geglaubt“ (vgl. 4, 16).
Aber wo sind diese „Dornbüsche“, diese „heiligen Orte“, an denen wir auch heute Gott begegnen können? Ich spreche sehr gerne mit Menschen darüber, wie sie zu einem Leben aus dem Glauben gefunden haben. Viele sind schon als Kinder hineingewachsen, aber auch dann braucht es weitere Impulse, um einen persönlichen und intensiveren Weg mit Christus zu gehen. Ohne sie streng voneinander zu trennen oder zu gewichten, ergeben sich drei Hauptorte der Gottesbegegnung: das glaubwürdige Zeugnis christlichen Lebens, die Verkündigung des Glaubens und die Gotteserfahrung im Gebet oder durch ein Zeichen.
Glaubwürdige Zeugen sind für mich so wie der Dornbusch in der Wüste: In ihrem Herzen brennen sie für Gott und ihre Mitmenschen, Liebe strömt von ihnen aus, ohne dass sie innerlich leer werden. Im Umgang mit ihnen kommt die Frage auf: Warum ist diese Frau, dieser Mann oder dieses Kind anders? Das will ich mir näher ansehen.
Dann ist die Bereitschaft gefragt, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die uns erfüllt (vgl. 1 Petr 3,15), denn der Glaube kommt vom Hören (vgl. Röm 10,17). Darum ist es wichtig, dass wir bescheiden, fest und verständlich die Kernüberzeugungen unseres Glaubens mitteilen, und nicht nur bei gutgemeinten menschlichen Ratschlägen stehen bleiben.
Schließlich kenne ich eine ganze Reihe von Personen, die Gott bei einer Pilgerfahrt, einer Gebetsvigil, in einer nächtlichen Anbetung, bei einem ergreifenden Gottesdienst oder durch ein übernatürliches Zeichen oder Wunder begegnet sind. Solche „heilige Räume“ müssen wir weiter ausfindig machen und mit ermöglichen. Laden wir Menschen dorthin ein.
Ich wünsche mir sehr, dass bei allen unseren Veranstaltungen und besonders auch bei der MOVE vielen Menschen eine Gottesbegegnung geschenkt wird. Bitten wir den Herrn darum, dass er sich in Wort und Tat offenbart und dass wir dafür ein Stück weit den Boden bereiten können, indem wir andere neugierig machen auf den Glauben und ihnen helfen, die tiefsten Sehnsüchte ihres eigenen Herzens zu entdecken.
Zur Umkehr und zur Gemeinschaft berufen
In Erfüllung seines Auftrags machte sich Mose mit Aaron auf den Weg nach Ägypten: Sie versammelten alle Ältesten der Israeliten, wiederholten die Worte Gottes und vollbrachten Zeichen: „Da glaubte das Volk, und als sie hörten, dass der Herr sich der Israeliten angenommen und ihr Elend gesehen habe, verneigten sie sich und warfen sich vor ihm nieder“ (Ex 4,31). In der Apostelgeschichte hören wir eine ähnliche Reaktion auf die Pfingstpredigt des Apostel Petrus: „Als sie das hörten, traf es sie mitten ins Herz, und sie sagten zu Petrus und den übrigen Aposteln: Was sollen wir tun, Brüder? Petrus antwortete ihnen: Kehrt um und jeder von euch lasse sich auf den Namen Jesu Christi taufen zur Vergebung seiner Sünden; dann werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen“ (Apg 2,37-38). Wenn wir Gott als Herrn und König anerkennen und an das Evangelium glauben, ist das eng mit einer Bekehrung verbunden (vgl. Mk 1,15). Die beiden Schritte bedingen sich gegenseitig. Das griechische Wort für Bekehrung bedeutet in einer schönen Umschreibung von Benedikt XVI.: „neu denken – die eigene und die allgemeine Lebensweise in Frage stellen; Gott einlassen in die Kriterien des eigenen Lebens; nicht mehr einfach nach den üblichen Ansichten urteilen. Sich bekehren heißt daher: nicht so wie alle anderen leben, nicht das tun, was alle tun […], sondern eine neue Lebensweise, ein neues Leben suchen.“ Dabei geht es nicht um Moralismus, sondern um „das Wesen der Botschaft Christi: das Geschenk einer neuen Freundschaft, das Geschenk der Gemeinschaft mit Jesus und damit mit Gott“ (Vortrag vor Katecheten in Rom, 10. Dezember 2000).
In der Apostelgeschichte lesen wir weiter: „Die nun, die sein Wort annahmen, ließen sich taufen. An diesem Tag wurden ihrer Gemeinschaft etwa dreitausend Menschen hinzugefügt“ (Apg 2,41). Ich halte es für sehr bedeutsam, dass gleich nach der Bekehrung, nach der sicher noch unvollkommenen Annahme der Freundschaft Jesu, der Schritt in die Gemeinschaft der Gläubigen folgte. Sie ist der reale und konkrete Ort für das weitere Wachstum. Es geht nicht nur um ein vages Zusammengehörigkeitsgefühl, sondern um den Vollzug der wesentlichen Dimensionen unseres Kirche-Seins: „Sie hielten an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten“ (Apg 2,42). In der Apostelgeschichte lesen wir, wie intensiv das alles war: ausführliche Katechesen, Schriftauslegung, Gütergemeinschaft und Solidarität mit den Armen, Taufen, Eucharistie (Brotbrechen) und wiederholte Ausgießungen des Heiligen Geistes sowie viel Gebet, miteinander und füreinander, liturgisch (im Tempel) und ganz spontan und persönlich. Was können wir beitragen, dass unsere Pfarrgemeinden und auch unsere Bewegung Regnum Christi lebendige Gemeinschaften sind? Als Christen brauchen wir Glaubensgemeinschaft. Wer glaubt, ist nie allein. Und wer allein ist, kann seinen Glauben leicht verlieren. Darum betonen wir im Regnum Christi die Wichtigkeit der Gemeinschaft mit Gott und untereinander. Lassen wir uns immer wieder darauf ein, suchen wir vor allem direkte Begegnungen untereinander, nutzen wir Angebote der Glaubenserfahrung und -vertiefung, und pflegen wir das Teamleben im Regnum Christi! Ich bin all jenen dankbar, die all dies mit viel Einsatz ermöglichen und daran mitwirken.
Jünger und Apostel
Die biblische Schilderung des Auszugs aus Ägypten zeigt uns Mose als Menschen und als Gesandten Gottes, als eifrigen und manchmal fast verzweifelten Beter und dann wieder gemeinsam mit Aaron an der Spitze der Israeliten. Mich beeindruckt, wie fest er zu seiner Entscheidung für Gott und für sein Volk steht und sich durch nichts davon abbringen lässt.
Ähnliches beobachten wir im Neuen Testament in den Aposteln, die nach einer Zeit des Wachstums und des Lernens an der Seite Jesu und bestärkt vom Heiligen Geist eine konsequente Entscheidung für ihn treffen. Sie und so viele Christen im Laufe der Jahrhunderte sind an den Punkt gelangt, dass sie sich ein Leben ohne Jesus nicht mehr vorstellen konnten. Sie sind, nach den Worten von Papst Franziskus, aus eigener Erfahrung davon überzeugt, „dass es nicht das Gleiche ist, Jesus kennen gelernt zu haben oder ihn nicht zu kennen, dass es nicht das Gleiche ist, mit ihm zu gehen oder im Dunkeln zu tappen, dass es nicht das Gleiche ist, auf ihn hören zu können oder sein Wort nicht zu kennen, dass es nicht das Gleiche ist, ihn betrachten, anbeten und in ihm ruhen zu können oder es nicht tun zu können. Es ist nicht das Gleiche, zu versuchen, die Welt mit seinem Evangelium aufzubauen oder es nur mit dem eigenen Verstand zu tun“ (Evangelii gaudium, 266). Diese Erfahrung wird ihrerseits zur Quelle für eine ausdauernde Hingabe in der Evangelisierung: „Der wahre Missionar, der niemals aufhört, Jünger zu sein, weiß, dass Jesus mit ihm geht, mit ihm spricht, mit ihm atmet, mit ihm arbeitet. Er spürt, dass der lebendige Jesus inmitten der missionarischen Arbeit bei ihm ist. Wenn einer Jesu Gegenwart nicht im Herzen des missionarischen Einsatzes selbst entdeckt, verliert er schnell die Begeisterung und hört auf, dessen sicher zu sein, was er weitergibt; es fehlt ihm an Kraft und Leidenschaft. Und ein Mensch, der nicht überzeugt, begeistert, sicher, verliebt ist, überzeugt niemanden“ (ebd.).
Das Generalkapitel der Legionäre Christi hat 2014 in der Darlegung unseres Ordenscharismas, das wir mit dem gesamten Regnum Christi teilen, diese beiden Dimensionen so formuliert: „Die Sendung Apostel zu sein und Apostel zu formen: Unser Charisma ist kontemplativ und evangelisierend. In unserem Apostolat suchen wir, dass die Menschen Christus begegnen und er sie zu Aposteln macht. Wenn wir die Menschen tiefgehend evangelisieren und formen, helfen wir mit, dass auch sie in ihrer Umgebung und in der Gesellschaft evangelisieren, indem sie vorangehen und Verantwortung übernehmen im Dienst der Kirche. Diese Weise, das Reich Christi gegenwärtig zu machen, prägt unseren priesterlichen Dienst und unsere Apostolatswerke“ (Mitteilung des Generalkapitels 2014, 19). Die Begegnung und die Gemeinschaft mit Christus (kontemplativer Jünger) und das Hinausgehen und Evangelisieren (missionarischer Apostel) sind untrennbar miteinander verbunden und gehören beide wesentlich zum Christsein in Fülle. Das Zweite Vatikanische Konzil spricht von einer universalen Berufung zur Heiligkeit und zum Apostolat, die bei allen Christen schon in der Taufe grundgelegt ist.
Wie in der frühen Kirche ist auch heute im Erwachsenenkatechumenat die Fastenzeit die Zeit der Vorbereitung auf die Taufe und wir alle erneuern in der Osternacht unsere Taufversprechen. Nutzen wir daher diese Wochen auch dazu, unsere Entscheidung für ein Leben als Christen zu erneuern und bedenken wir dabei die Dimensionen der Jüngerschaft und des Apostolats. Bitten wir den Heiligen Geist um Licht und Kraft, diese Berufung zu leben.
Eine herzliche Einladung
Im Lauf dieses Briefes habe ich mehrmals die MOVE 2017 in Regensburg erwähnt, da ich überzeugt bin, dass diese Veranstaltung des Regnum Christi für Sie eine wichtige Erfahrung und ein Ansporn auf dem jeweiligen Abschnitt Ihres Glaubensweges sein kann. Sie bietet Ihnen auch die Gelegenheit, anderen einen Schritt in Richtung Gottesbegegnung, Glaubensgemeinschaft, christliches Wachstum und eines bewussten Lebens nach unserer Taufberufung zu ermöglichen.
In diesem doppelten Sinn richtet sich die MOVE an Menschen jeden Alters, die mit dem Regnum Christi und seinen Apostolaten in Kontakt sind, sowie an die Menschen in ihrem jeweiligen Umkreis (Familie, Verwandte, Freunde, Kollegen), die daran Interesse haben. Sie werden dort wiederfinden, wen und was sie bereits von unserer Gemeinschaft kennengelernt haben; ihren Blick weiten (andere Altersgruppen, neue Themen,…) und vertiefen (Spiritualität und Gemeinschaft erleben, Beziehungen knüpfen,…). Lassen Sie sich darauf ein und bringen Sie Ihre ganze Familie und viele Freunde und Bekannte mit.
Das Organisationsteam hat alle Informationen auf der Internetseite der MOVE zusammengestellt, wo Sie sich auch direkt anmelden können.
Gerade für kinderreiche Familien, Jugendliche und Menschen, die von weit her anreisen, bringt die Teilnahme an Wochenendveranstaltungen immer auch finanzielle Belastungen mit sich. Die Organisatoren haben die Preise daher sehr knapp kalkuliert und vertrauen darauf, dass andere einen Solidaritätsbeitrag leisten werden, damit wir dennoch alle Kosten decken können. Ziehen Sie auch diese Möglichkeit in Betracht – vielleicht als kleines Fastenopfer im Dienst des Aufbaus der Kirche.
So wünsche ich Ihnen von Herzen eine gesegnete und geistlich fruchtbare Fastenzeit. Ich freue mich auf ein Wiedersehen, spätestens beim Gottesdienst mit Diözesanbischof Rudolf Voderholzer in Regensburg am 17. Juni. „Let’s MOVE! Die Liebe Christi drängt uns“.
Ihr
P. Andreas Schöggl LC
Territorialdirektor