Vor kurzem fragte mich eine junge Atheistin, die schwer krank ist, folgendes: „Ich habe mir gedacht, dass ich momentan eh nicht mehr viel zu verlieren habe und ich kann ja einfach mal Pascals Wette umsetzen. Ich nehme einfach mal an, es gibt Gott und ich versuche, danach zu leben. Und jetzt kommt die Frage: Was muss ich denn jetzt tun?“
Spannend, wenn „katholisch unbeleckte“ Menschen nach dem Glauben fragen. Denn dann muss man Klartext reden und kann sich nicht hinter Floskeln verstecken.
Im heutigen Evangelium sprangen mir drei entscheidende Worte ins Auge, die ich der sterbenskranken Atheistin aufgrund ihrer Frage ans Herz legte: Himmelreich – Frucht – Heiliger Geist.
„Kehrt um, das Himmelreich ist nahe.“ Faszinierend: Johannes beginnt seine Botschaft mit genau denselben Worten wie Jesus. Was meinen die beiden mit „Himmelreich“? Besser übersetzt müsste es heißen „Himmels-Herrschaft“. „Herrschaft“ bedeutet etwas Aktives, „Reich“ dagegen wirkt statisch. Herrschaft ist dort, wo der Herrschende da ist und wirkt. Das Himmelreich wächst dort, wo Gott, der Herr des Himmels, auf dieser Welt sein Herrschaftsgebiet errichten darf. Das beginnt im Inneren des einzelnen Menschen. Dann in der Gemeinschaft mehrerer Menschen. Und durch sie in den Bereichen der Gesellschaft. Die entscheidende Frage in dieser Adventszeit lautet „Darf Gott in deinem Inneren seinen Herrschaftsbereich ausdehnen?“ Wenn ja, dann ist das Himmelreich nicht nur nahe, sondern es wird Wirklichkeit.
„Bringt Frucht hervor, die eure Umkehr zeigt“: Wenn Gott – durch unsere Beziehung zu ihm in Gebet, Sakramenten, Gewissen – sein Herrschaftsbanner in uns errichten darf, dann beginnt er, uns umzuformen. Er macht uns Jesus ähnlicher: gütiger, wahrhaftiger, liebender, großzügiger, selbstloser, mutiger, friedvoller… Wir spüren das. Die anderen auch. Diese innere Veränderung bringt dann Früchte hervor. Man kann sie sehen, und in übertragenem Sinn „verkosten“. Solche Menschen strahlen Frieden aus, kämpfen für das Gute, die Würde der Menschen, die Wahrheit, die Liebe, Gerechtigkeit und so weiter.
„Er wird euch mit dem Heiligen Geist… taufen“: Der Heilige Geist ist Gott, der in den Menschen alles das bewirkt, das wir beschrieben haben. Er ist der gegenwärtige Gott, der uns verwandelt, innere Wunden heilt, Barrieren in uns schmelzen lässt und Frucht hervorbringt. Er ist die Liebe Gottes, die ausgegossen ist in unsere Herzen.
Wenn wir im Advent also rufen „Komm, Herr Jesus“, dann können wir ebenso bitten „Komm, Heiliger Geist“ oder „Komm, Gott, in unser Inneres, verwandle uns, bring Früchte hervor und errichte deine Herrschaft in uns.“
Etwas Besseres kann uns nicht geschehen! Und eine andere Antwort kann ich der Atheistin nicht geben.
Gottes Segen, Euer,
Pater Klaus Einsle LC