2014 weihte Bischof Stefan Oster SDB in Alzgern das neue „Haus des Gebets und der Begegnung“ mit dem Noviziat der Legionäre Christi im Bistum Passau ein. Sechs Jahre später erfolgt nun der Ausbau zum „ApostelHaus“. Welche Pläne haben die Legionäre Christi und das Regnum Christi und warum ziehen die Novizen nach Bad Münstereifel? Im Interview antworten P. Konstantin Ballestrem LC (Novizenmeister) und P. Joachim Richter (Regionalleiter des Regnum Christi) auf diese und weitere Fragen über die Zukunft der Gemeinschaft.
Interview mit P. Konstantin Ballestrem LC und P. Joachim Richter LC
Die Legionäre Christi arbeiten seit 30 Jahren in Deutschland. Alles begann 1990 in einer kleinen Wohnung in Ingolstadt. 2014 konnte in Alzgern mit dem Noviziat die erste Niederlassung in Bayern eröffnet werden. Von Beginn an verstand sich diese als Haus des Gebets und der Begegnung, das für die ganze Region und bis nach Österreich und die im Osten zur Ordensprovinz gehörenden Länder, wie Polen und Ungarn, zum Treffpunkt wurde. Was hat sich seit 2014 getan?
P. Konstantin: Die Einweihung des Hauses durch Bischof Stefan Oster war natürlich eine besondere Freude und das Interesse der Menschen groß, fast 800 Gäste nahmen daran teil. In seiner Predigt sagte Bischof Oster klar und direkt, dass es uns Legionären Christi vor allem um die Liebe Christi gehen müsse, dass wir alle von ihr mehr und mehr berührt, erfasst und verwandelt werden sollten. Dass wir dabei nicht die Macher seien, sondern Antwortende auf Gott, der uns zutraut, dass wir am Aufbau seines Reiches mitwirken. Das war ein wichtiger Anstoß für uns, denn die Gründung hier war nicht leicht, angefangen bei der mehrjährigen Suche nach einem geeigneten Haus.
In Alzgern treffen sich seit Beginn regelmäßig Priester und Ordensleute aus der gesamten Ordensprovinz West- und Mitteleuropa; Priester, die in Deutschland und Österreich arbeiten, verbringen hier Einkehr-, Gemeinschafts- oder Urlaubstage. In der Region helfen wir immer wieder bei Gottesdiensten aus – die Novizen als Messdiener. In diesem Jahr standen wir Priester auch zu Pfingsten auf dem Kapellplatz in Altötting zur Beichte zur Verfügung. Als Gemeinschaft nehmen wir vor Ort z.B. an der Feier von Fronleichnam, Erntedankfest und Ostern teil. 2017 und die Jahre darauf beteiligten sich die Novizen außerdem als Pilgerbetreuer in Altötting. Mit der Fertigstellung des Jugendtrakts konnten seit 2015 auch verstärkt Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche organisiert werden. Besonders in den Ferien finden verschiedene Camps für Kinder statt. Mehrmals im Jahr bieten meine Mitbrüder im Haus Einkehrtage und geistliche Exerzitien für Jugendliche und Erwachsene an. Nur mit der überwältigenden Hilfe unserer Wohltäter und Förderer konnten wir all das in diesen Jahren aufbauen. Ihnen bin ich besonders dankbar.
Schon seit Längerem bedenken Sie den Ausbau des Standorts in ein „ApostelHaus“ des Regnum Christi. P. Joachim, Sie werden zum 1. August Leiter des Hauses. Von P. Georg Rota LC haben Sie außerdem die Aufgabe des Regionalleiters des Regnum Christi in Bayern übernommen. Was wird sich in Alzgern verändern?
P. Joachim: Mit dem Konzept „ApostelHaus“ wollen wir in der Region noch präsenter sein. Vieles wird gleichbleiben: Das Haus ist weiterhin eine Niederlassung der Legionäre Christi, mehr denn je sollen hier Priester und Ordensleute als Gemeinschaft zusammenwohnen, beten und arbeiten. Die Zahl der Priester wird sogar leicht steigen, darüber freue ich mich besonders. Das Haus ist seit langem ein Haus des Gebets und der Begegnung. Daran wird sich nichts ändern. Hinzu kommt jetzt noch der Aspekt der Ausbildung und Befähigung von Aposteln für unsere Zeit. Neu ist, dass die Novizen ab Ende August nicht mehr im Haus wohnen.
Was sind die Hintergründe für den Umzug der Novizen nach Bad Münstereifel?
P. Konstantin: Das haben wir uns längere Zeit überlegt. Es hat vor allem zwei Gründe. Zum einen hat sich der Standort in Alzgern als Haus des Gebetes und der Begegnung in den letzten Jahren weiterentwickelt. Am Anfang bestand hier praktisch nur das Noviziat und nahm den bis jetzt ausgebauten Teil des Hauses in Anspruch. Mit dem Ausbau zum „ApostelHaus“ ergeben sich nun aber für die Nutzung des Gebäudes ganz neue Perspektiven. Es wird mehr los sein. Die Veranstaltungen und Angebote werden sich mit dem Gebets- und Ausbildungsbetrieb des Noviziats „in die Quere“ kommen. Zumal, und das ist der zweite Aspekt, die Zahl der Novizen in den letzten Jahren zurückgegangen ist. Wir rechnen auch in den nächsten Jahren mit nur fünf bis acht Novizen. Insofern haben wir uns mit der Größe des Noviziats und Zahl der Berufungen wirklich verschätzt. Das hat viel mit Änderungen vor zwei Jahren im allgemeinen Ausbildungsplan der Legionäre Christi zu tun. Die waren 2014 nicht vorhersehbar. Wir streben jetzt an, dass die Novizen möglichst in der eigenen Ordensprovinz ihr Noviziat machen können, weshalb weniger Novizen aus anderen Ländern zu uns kommen. Für die Berufungsunterscheidung und Ausbildung der jungen Männer zu Priestern ist das eine Verbesserung. So entfallen die vielen ungewohnten Neuerungen in einem fremden Land, insbesondere die Sprach- und Kulturunterschiede,das Fernsein von der Familie usw. Im Noviziat sollen die Begegnung mit Jesus Christus und mit sich selbst im tiefsten Inneren, das Entdecken des Lebens in einer Ordensgemeinschaft, das Einüben ins Gebet, ins Charisma und die Spiritualität des Ordens im Zentrum stehen, das bedarf eines gewohnten und verlässlichen Rahmens. Die Abwägung all dieser Tatsachen hat uns bewogen, die Ausbildung der Novizen wieder nach Bad Münstereifel zu verlegen.
Kommen wir noch einmal auf die Ausbildung der Novizen zurück. Seit 2008 befindet sich in Bad Münstereifel die Apostolische Schule. Das Noviziat war bereits zwischen 1995 und 2014 vor Ort. Welchen Vorteil bietet dieser Standort derzeit für die Priesterausbildung?
P. Konstantin: In Bad Münstereifel steht die Apostolische Schule inzwischen seit mehreren Jahren auf eigenen Füßen und nicht mehr – wie vorher vielleicht gefühlt – auf den Füßen des Noviziates. Sie hat sich etabliert. Wir sehen außerdem: Es gibt gut und geeigneten Platz für eine weitere, zumal nicht zahlreiche, Gemeinschaft wie die Novizen und uns Ausbilder. Dafür steht am Standort ein eigener und bezugsfertiger Gebäudeteil zur Verfügung. Darüber hinaus sind auch viele praktischen Belange geregelt: Es gibt schon eine große Küche und Mitarbeiter, die uns beim Kochen, beim Abwasch, der Reinigung und der Wäsche helfen. Die Novizen finden beim Sport leicht Anschluss an die älteren Schülerjahrgänge. In der Schule haben sie ferner gute Möglichkeiten, sich direkt apostolisch einzubringen und pastorale Erfahrungen zu machen. Beide Einrichtungen bilden somit zusammen einen starken Ausbildungsstandort für unsere Gemeinschaft. Im Übrigen ziehen auch die Novizen in anderen Ordensgemeinschaften um, je nachdem, welches Haus und welche Gemeinschaft sich gerade am besten dafür eignet, u.U. auch mit dem Novizenmeister: Wenn er in ein anderes Haus versetzt wird, ist dann eben dort das Noviziat. Natürlich haben diese Belange in der Novizenausbildung auch eine Kehrseite: Hier sind in den letzten Jahren echte Beziehungen zu den Menschen der Region gewachsen, besonders an einem solchen Herz-Ort des Glaubens wie Altötting. Das Zurückzulassen ist auch für mich nicht leicht, doch werden ja meine missionarisch wirkenden Mitbrüder hier präsent sein eher mehr als ein Novizenmeister das kann.
2019 entstand in Ratingen (Nordrhein-Westfalen) das erste „ApostelHaus“ des Regnum Christi. In Wien leiten die Legionäre Christi das „Zentrum Johannes Paul II.“ Das sind gewissermaßen neue Wege der Glaubensverkündigung. Was kann man sich unter einem Haus für Apostel vorstellen?
„ApostelHaus“ in Ratingen haben uns nahegelegt, auch in Bayern etwas Vergleichbares aufzubauen, insbesondere im Blick auf die Entwicklung des Regnum Christi und im Dienst an der Ortskirche. Unser Haus in Alzgern bietet viel Platz. Es ist deshalb sehr geeignet für Veranstaltungen und die pastoralen Bedürfnisse in der Region. Konkret wollen wir mit dem Ausbau des „ApostelHauses“ das Angebot der Tagesveranstaltungen für verschiedene Gruppen ausbauen, an denen dann jeweils bis zu 100 Personen teilnehmen können – Kinder, Jugendliche, Frauen, Männer, Ehepaare, Familien und Wohltäter. Auch Mehrtagesveranstaltungen wird es geben, mit Übernachtungsmöglichkeiten für bald bis zu 35 Teilnehmern. Interesse besteht auch an speziellen Ausbildungsangeboten wie achttägigen geistlichen Exerzitien usw. Das „ApostelHaus“ soll sowohl offen für interessierte Menschen sein und zugleich die Möglichkeit eines Zuhauses für Freunde und Mitglieder des Regnum Christi in ganz Bayern bieten. Es ist ein Ort der Begegnung, des Austauschs, des Zusammenseins, des Gebets und der Ausbildung und Befähigung.
P. Joachim: Seit der Entstehung unserer Gemeinschaft träumen wir davon, Menschen in Bewegung zu bringen, um die Welt im Sinne des Evangeliums zu verändern und mitzugestalten. Viele Christen spüren in sich einen Wunsch, etwas beitragen zu können, damit wir als Kirche wieder neu und lebendig werden. Die guten Erfahrungen mit demWelche baulichen Maßnahmen gehen mit dem Ausbau zum „ApostelHaus“ in Alzgern einher? Was ist noch zu tun?
P. Joachim: Der eine Flügel des Hauses wurde in den letzten Jahren bereits beim Ausbau für das Noviziat umfassend renoviert. Einige Vortragsräume und Zimmer für Gäste stehen deshalb schon zur Verfügung. Im Erdgeschoss sollen nun noch eine kleine Küche eingebaut und ein kleines Esszimmer innerhalb der Klausur für die Gemeinschaft der Priester und Ordensleute entstehen. Das wichtigste Projekt ist jetzt aber der Ausbau eines bestehenden Saales zu einer größeren Kapelle, die einmal bis zu 80 Personen aufnehmen können soll. Neben dieser soll ein kleiner Raum für Medientechnik geschaffen werden, eine Sakristei, eine Cafeteria und WC-Anlagen – alles in Funktion der Kapelle und für die Gottesdienstbesucher. Auch wenn die Umbauarbeiten erst im September so richtig beginnen können, wollen wir mit Gottes Hilfe schon im Herbst dieses Jahres parallel mit dem erweiterten Veranstaltungsangebot loslegen. Am 13. September setzen wir mit einem Eröffnungsfest das Startsignal.
Letzte Frage: Apostel sind Gesandte, die nach draußen gehen – d.h. Mission. Damit verbinden heute viele Menschen eine aufdringliche Art, anderen eigene Überzeugungen zu vermitteln. Was heißt für Sie Mission?
P. Joachim: Mission heißt für mich zuerst, in der Begegnung mit Gott eine frohe Erfahrung der Liebe gemacht zu haben. Aus dieser Erfahrung wächst der Wunsch, die Freude mit anderen teilen zu wollen, die Freude darüber, dass Gott ein unbedingtes „Ja“ zu jedem Menschen spricht und sich nach einer persönlichen Beziehung der Liebe zu jedem sehnt. Unsere Kirche ist von ihrem Wesen her missionarisch. Jeder getaufte Christ hat Anteil an der Sendung Christi, das rufen uns alle Päpste der letzten Zeit, von Paul VI. an bis heute zu Papst Franziskus, in Erinnerung. Es geht darum, Zeugnis von der Freude des Evangeliums zu geben und anderen die Möglichkeit anzubieten, etwas von dieser Freude kennenzulernen.
(Die Fragen stellte Karl-Olaf Bergmann.)
(Dieser Artikel erschien zuerst in der Sommerausgabe 2020 des L-Magazins des Regnum Christi und der Legionäre Christi, Seiten 5-6)