„Jede Krise, die ein Mensch hat, ist eine Krise mit Gott“, sagt Marco Blumenreich. Leise, fast zaghaft, oft nach kleinen Pausen, in denen er regelmäßig mit den Händen auf der Braille-Tastatur seines Laptops nach den Worten sucht, sagt er es. Doch jedes Wort trifft, trifft ins Herz, im Saal könnte man eine Stecknadel fallen hören.
Die fast 200 Zuhörer erfahren an diesem Nachmittag, wie der 1970 in Mexiko blind Geborene, danach in Oberösterreich Aufgewachsene, nach schwerer Kindheit und traumatischen Erlebnissen, seinen Weg mit Gott und im Leben gefunden hat.
Sehen, das hatte für ihn immer eine ganz besondere Bedeutung, „Wer liebt, der sieht“, sagt er, „Das Licht dafür kommt von innen“. Seit 2007 arbeitet Marco Blumenreich in Österreich als freiberuflicher Therapeut. Davor arbeitete er u.a. bei einer deutschen Telefonhotline zur Begleitung von Menschen in schwierigen Lebenssituationen.
Blind und doch sehend
„In jedem Menschen können wir Jesus sehen“ – wieder so ein Satz, der unter die Haut geht. Doch diesem Menschen glaubt man, was er sagt. Mit seinem Vortrag scheint er kein anderes Ziel zu verfolgen, als zu bezeugen, das Sehen mehr ist als das Wahrnehmen äußerer Ereignisse oder Erscheinungen. Seine Blindheit, betont er, hätte ihm nicht die Fähigkeit genommen, zu sehen. Zwar nicht mit den Augen, aber mit dem Herzen. So spricht er auch von der Bedeutung des Hörens. Das Leben mit der Blindheit hat auch seinen Glaubensweg zutiefst geprägt. Ob er deshalb von „Prüfungen“ im Glauben sprechen würde. „Nein“, sagt er, „Prüfungen mag ich nicht. Da fällt man entweder durch oder besteht. Im Glauben übe ich lieber, immer wieder, üben, üben, üben.“
Sein Vortrag dauerte nicht länger als 45 Minuten, aber kein einziges Wort zu viel schien gesagt. Am Ende, unter großem Applaus, bedankte er sich kurz, lächelte sichtlich ergriffen und verließ sicheren Schrittes und leise die Bühne, ganz so, als würde er alles sehen.
Zahlreiche Eindrücke von der MOVE finden Sie u.a. in einer großen Foto-Galerie hier im Internet.
Karl-Olaf Bergmann