Dienstag,
21. Juli 2015
Verlust des Eigenen um den Gewinn der Nachfolge
Dienstag der sechzehnten Woche im Jahreskreis
Hl. Laurentius von Brindisi OFMCap,
Ordensgeneral
Hl. Daniel, Prophet
Angelika Knauf
Mt 12,46-50
In jener Zeit, als Jesus mit den Leuten redete, standen seine Mutter und seine Brüder
vor dem Haus und wollten mit ihm sprechen. Da sagte jemand zu ihm: Deine Mutter und deine Brüder stehen
draußen und wollen mit dir sprechen. Dem, der ihm das gesagt hatte, erwiderte er: Wer ist meine Mutter, und
wer sind meine Brüder? Und er streckte die Hand über seine Jünger aus und sagte: Das hier sind meine Mutter
und meine Brüder. Denn wer den Willen meines himmlischen Vaters erfüllt, der ist für mich Bruder und
Schwester und Mutter.
Einführendes Gebet: Jesus, wie dunkel wird es oft in mir, wenn ich Liebgewonnenes oder vertraute Sicherheiten in meinem Leben, auch in meinem geistlichen Leben, zu verlieren scheine. Wie schwer fällt es mir, dann auf deine mich leitende Liebe zu vertrauen. Hilf mir, mich dir in diesen Situationen nicht zu verschließen. Schenke mir ein Licht echten Glaubens an deine liebende Vorsehung, die mich gerade dann zu dir zu führen vermag, wenn ich nicht mehr verstehe.
Bitte: Jesus, öffne mir die Augen des Glaubens und des Vertrauens, wenn mein Herz und mein Verstand dich nicht mehr sehen.
1. Wenn wir Gottes Nähe fordern. Matthäus sagt nicht, warum Maria und die Verwandten mit Jesus sprechen wollen. Da Maria nicht alleine kommt, ging die Initiative wohl eher von Jesu Verwandten aus, die vielleicht meinten, mit ihm etwas klären zu müssen. Und doch wird auch Maria in innerer Suche nach ihrem Sohn gewesen sein, dessen Weg sie aus der Ferne nur noch im Vertrauen, nicht mehr im Schauen begleiten konnte. Hier können wir symbolhaft zwei Weisen der Annäherung sehen: Die eine fordernd, auf das eigene Recht der Verwandtschaft pochend. Die andere suchend in einem aus Liebe stammenden Bedürfnis nach Nähe. Doch beide werden hier von Jesus mit dem Verweis auf die Jünger zurückgewiesen. Auch wir kennen in unseren Herzen diese beiden Regungen: Wenn wir meinen, Gott schon so nahe zu sein, dass wir ein Recht auf ihn hätten. Mehr Recht gar als „irgend so ein Neuankömmling” in unserer Glaubensgemeinschaft. Und wir kennen auch die Suche nach seiner Nähe, nach ihm, der uns so nah war und der nun so fern scheint. Warum weist Jesus auch diese Suche zurück, warum weist er Maria zurück, in der doch keine ungesunde Selbstbezogenheit war?
2. Sich in Gottes „Sicht” zurechtfinden. Erscheint uns Jesus hier nicht seltsam grob? Nicht nur, dass er auf den Wunsch seiner Familie nicht antwortet. Er erklärt es ihnen nicht einmal, mehr noch, er weist sie in aller Öffentlichkeit zurück. Sie, auch Maria, werden von anderen hören, wie er auf ihre Anfrage reagiert hat. Wir erfahren von Matthäus auch nichts über die Reaktion von Maria und von den Verwandten auf die Zurückweisung Jesu. Wir können uns aus unserem eigenen Herzen heraus vorstellen, dass es bei den einen vielleicht Empörung war, die zur endgültigen Abkehr von Jesus führte. Aber auch Maria wird in ihrem menschlichen Herzen einen Schmerz gefühlt haben. Doch ihr Herz bleibt offen! Wie sie immer schon die Worte über ihren Sohn und auch die Worte ihres Sohnes im Herzen bewegt hat, so wird sie es auch hier tun. Sie wird nach dem suchen, was ihr Sohn ihr sagen will, was seine unausgesprochene Bitte in diesen Worten an sie ist, um ihm zu gehorchen. Mehr noch, sie wird nicht so sehr für sich, sondern in ihrem ganz zugewandten Herzen betrachtend gesucht haben, wovon Jesu Herz in diesem Moment bewegt war. Wie er mit diesen Worten den Willen des Vaters tun will. Sie will nichts anderes, als ihm darin nachfolgen.
3. Der Fülle der Verheißung an uns trauen. Gott ist nicht wechselhaft, er nimmt nicht zurück, was er uns einmal für immer gibt. Er führt es beständig weiter. Er führt uns beständig weiter, immer näher zu sich. Seine Führung bedarf unserer Offenheit. Wenn wir genau hinhören, so sind die Eigenschaften, die er zur Bedingung macht, damit wir sein Bruder, seine Schwester und Mutter sein können, gerade jene, die niemanden so auszeichnen wie Maria. Daher führt er auch sie weiter zur Fülle ihrer Berufung, gerade mit diesen Worten! Matthäus schildert den Moment des Zusammentreffens mit der Angabe: „Als er noch mit den Leuten redete ( ).” Jesus steht hier in seiner Sendung, er übt sie gerade aus, als seine Familie kommt. Er ist dabei sich eine neue „Familie” zu bilden, eine geistliche Familie, die er dem Vater zuführen will. Auch Maria will er an ihren Platz in dieser geistlichen Familie, aus der die Kirche entstehen wird, führen. Sie soll zur Mutter der Kirche werden. Dazu muss er sie aber auch immer tiefer in sein Kreuz einführen, das für sie in der Hingabe des Sohnes an den Willen des Vaters zum Heil der Sünder führen wird. Unter dem Kreuz wird sich ihre Hingabe vollenden, unter dem Kreuz wird Maria aus dieser Hingabe heraus aber auch zur Mutter der Kirche werden. Weil sie alles hingegeben hat, kann der Sohn ihr den Jünger anvertrauen. Bleiben auch wir daher sehr aufmerksam für Gottes Führung, gerade dann, wenn Gott uns etwas zu nehmen oder uns zurückzuweisen scheint. Bleiben wir offen für sein Tun, denn immer will er uns weiterführen an den Platz unserer Hingabe und Berufung!
Gespräch mit Christus: Jesus, wie groß wird meine Angst, wenn ich dich nicht mehr zu finden meine, wenn du mich zurückzuweisen scheinst. Dann auferlege ich dir meine eigenen Maßstäbe, die aus meinem Herzen stammen, das so sehr noch in mir selbst gefangen ist. Jesus, befreie mich von den Fesseln, die mein Misstrauen und meine Selbstbezogenheit mir anlegen. Ich möchte zu dir kommen, ich möchte werden, wozu du mich berufen hast! Öffne mein Herz für dich, hilf mir dir zu folgen, wenn du mich dorthin führst, wo ich nicht mehr sehe, aber doch die Fülle deiner Verheißung auf mich wartet.
Möglicher Vorsatz: Ich will in dieser Woche gerade in den für mich nicht verständlichen Geschehnissen einen Akt des Glaubens, der Hoffnung und Liebe, der Offenheit für Gottes Führung setzen!