„Flug verpasst“

Vor 25 Jahren trat Pater Martin Baranowski LC in das Noviziat der Legionäre Christi ein – im Interview gibt er sehr persönliche Einblicke in sein Leben.

Im Sommer 1995 trat Martin Baranowski in das Noviziat der Legionäre Christi in Bad Münstereifel ein. Heute ist er vielen in Deutschland und Österreich als Jugendseelsorger und Priester bekannt. Zu seinem 25. Eintrittsjubiläum, zu dem wir ihm herzlich gratulieren, gab er uns im Interview sehr persönliche Einblicke in sein Leben als Ordensmann und Priester.

P. Martin, warum sind Sie 1995, direkt nach dem Abitur, eigentlich gerade bei den Legionären Christi eingetreten? Was war der entscheidende Grund dafür?
P. Martin: Eigentlich war Priester schon von Kindheit an mein heimlicher Berufswunsch. Als ich eineinhalb Jahre vor dem Abitur die Legionäre Christi kennen lernte, faszinierten mich die leidenschaftliche Liebe zu Christus, die Verehrung von Maria, die Verbundenheit mit der Kirche, die herzliche Gemeinschaft sowie der apostolische Eifer, die ich dort erlebte. Trotzdem war ich nach der zweimonatigen Kandidatur im Sommer 1995 noch hin und hergerissen und nicht sicher, ob ich wirklich das Noviziat beginnen sollte. In dieser Situation half mir der Rat meines alten Heimatpfarrers: „Wenn dich Gott dorthin geführt hat und es dir gefällt, dann musst du jetzt auch Ja sagen.“

25 Jahre, das ist ein wenig wie „silberne Hochzeit“. Wenn Sie zurückschauen: Würden Sie heute etwas anders machen? Wenn ja, was?
P. Martin: Ich musste lernen, mich von meinen eigenen Vorstellungen zu lösen, um mich wirklich auf den Willen Gottes einzulassen: Beim Eintritt hatte ich den Wunsch und die Vorstellung, später einmal als Theologieprofessor zu wirken. Das kam dann anders, als ich in der Jugendarbeit eingesetzt wurde. Diese Aufgabe hätte ich mir damals nicht ausgesucht, stelle aber heute dankbar fest, dass mich die Begegnungen mit jungen Menschen selbst sehr erfüllt und bereichert hat. In den 25 Jahren hat sich immer wieder bestätigt: Die Wege Gottes sind anders und besser als das, was ich mir selbst ausdenken und planen kann.

Gibt es vielleicht so etwas wie Ratschläge, die Sie sich selbst im Nachhinein geben würden?
P. Martin: Das Noviziat war für mich eine Zeit, um mich in Christus zu verlieben: Die Zeiten des persönlichen und gemeinschaftlichen Gebetes – besonders auch der eucharistischen Anbetung – haben mich geprägt. Noch heute zehre ich von den geistigen Erfahrungen dieser Zeit. Das erinnert mich immer wieder daran, dass die eigentliche Motivation und Fruchtbarkeit für mein priesterliches Wirken aus der persönlichen Begegnung mit dem Herrn kommen muss.

Zugleich war der Beginn meines Noviziates auch mit dem Umzug von Roetgen nach Bad Münstereifel verbunden. Ich erinnere mich an die herzliche Aufnahme durch den damaligen Oberpfarrer Josef Scherer, den ich durch meine Mithilfe in der Ministrantenarbeit näher kennen lernte. Der tiefe Glaube und die große Güte dieses Priesters haben mich sehr beeindruckt und inspiriert für mein Wirken.

In den letzten Jahren ist vieles bei den Legionären Christi passiert. Gibt es etwas, das Sie in den 25 Jahren persönlich enttäuscht hat? Oder haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?
P. Martin: Sehr enttäuscht und traurig war ich, als nach dem Tod des Gründers dessen Doppelleben und Verbrechen ans Tageslicht kamen und deutlich wurde, dass es in der noch jungen Kongregation auch Elemente gab, die der Korrektur und der Erneuerung bedurften, weil sie Mitbrüdern und anderen Gläubigen geschadet haben. Nach dem mehrjährigen Erneuerungsprozess hoffe ich nun, dass wir da eigentliche Charisma unserer Gemeinschaft tiefer entdeckt haben und somit noch besser in den Dienst der Kirche und der Menschen stellen können. Dieser Weg war nicht leicht, aber auch eine Erfahrung davon, wie Gott durch die Kirche wirken und führen kann.

Weit übertroffen wurden meine Erwartungen an das Priestertum: Auch wenn ich immer schon gerne an der Messe teilgenommen hatte und sehr tröstende Beichterfahrungen gemacht hatte, war es doch noch mal ganz anderes, selbst die Eucharistie feiern und die Sakramente spenden zu dürfen. Dabei erfahre ich immer wieder das Wirken Gottes. Das erfüllt und begeistert mich immer wieder neu.

Land auf Land ab wird heute viel über mangelnden Priesternachwuchs geklagt. Warum sollte Ihrer Meinung nach ein junger Mann heute einen solchen Schritt machen?
P. Martin: Zunächst einmal, weil Christus auch heute ruft und er allein das Leben wirklich ganz erfüllen kann. Dann aber auch weil unsere heute Welt gerade heute wieder Priester und Ordensleute braucht, die Gott mit ihrem Leben bezeugen, die Sakramente spenden und die Menschen auf ihrem Glaubensweg begleiten. Wenn ich heute unseren Novizen und jungen Ordensleuten aber auch älteren Mitbrüdern begegne, dann sehe ich das gleiche Feuer und die gleiche Liebe zu Gott und den Menschen, die mich bewegt und antreibt. Das ist eine große Freude.

Was das Leben eines Ordensmanns oder Priesters im Alltag wirklich ausmacht, können sich heute immer weniger Menschen konkret vorstellen. Gibt es eine Begebenheit, eine Geschichte, die in allen den Jahren für Sie besonders eindrücklich war?
P. Martin: Ja, ich nenne sie einmal:

„Flug verpasst“

Nach einer Woche mit Teamleitern in Süditalien hatte ich einen Billigflug am Abend von Neapel nach Köln gebucht, um am gemeinschaftlichen Einkehrtag teilzunehmen. Knapp drei Stunden vor Abflug machte ich mich auf den Weg zum Flughafen, der weniger als 70 km entfernt war. Doch ein unerwarteter Stau, der nicht zu umfahren war, verursachte eine Verzögerung von über zwei Stunden, so dass der Flieger leider ohne mich startete. Ich musste also etwas missmutig meine Teilnahme am Einkehrtag absagen und mich mit den Teamleitern auf eine nächtliche Fahrt quer durch Italien Richtung Deutschland begeben. Als wir im Morgengrauen durch Südtirol fuhren, kamen wir plötzlich an eine noch ungesicherte Unfallstelle. Der noch jugendliche Fahrer legte geistesgegenwärtig eine Vollbremsung ein, um einen Auffahrunfall zu vermeiden, und manövrierte dann unseren Kleinbus umsichtig durch die Unfallstelle. Ein gerade eingetroffener Sanitäter bemühte sich darum, die ersten Rettungsmaßnahmen einzuleiten. Wenig später Vollsperrung und Hubschraubereinsatz. Mitten im Schock ein gemeinsames Gebet für die Unfallopfer und der priesterliche Segen. Hatte Gott vielleicht den unvermuteten Stau in Süditalien zugelassen, damit er jetzt einen Priester mit seinem Segen an diesem Ort hatte? Diese Erfahrung war mir eine wichtige Lektion – gleichsam ein praktischer Einkehrtag: Priestersein bedeutet immer wieder, sich dorthin senden zu lassen, wo Gott mich braucht, jenseits von dem, was ich selbst geplant habe. Überraschungen und Abenteuer sind da gesichert.

Wenn Sie nach vorne schauen: Was erhoffen Sie sich von den kommenden 25 Jahren?
P. Martin: Wichtig ist mir, dass ich gerade auch inmitten von viel Arbeit und Verantwortung immer mit dem Herrn verbunden bleibe und ehrlich sagen kann: „Macht euch keine Sorgen; denn die Freude am HERRN ist eure Stärke“ (Neh 8,10). Ansonsten bitte ich Gott um Gesundheit und Kraft, weiterhin einen Dienst in der großen Aufgabe der Neuevangelisierung tun zu können. Ich fühle mich da wie der kleine Junge im Evangelium, der seine fünf Brote und zwei Fische Christus gibt, mit dem der Herr dann das Wunder wirkt (vgl. Joh 6,9).

Danke für das Gespräch, P. Martin, und weiterhin viel Freude und Gottes Segen auf all Ihren Wegen!

(Das Gespräch führte Karl-Olaf Bergmann.)

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