Kaplan Klemens Langeder (37) aus Oberösterreich wurde dieses Jahr am Hochfest der Apostel Petrus und Paulus (29. Juni) in Linzer Mariendom (Oberösterreich) von Bischof Manfred Scheuer zum Priester geweiht. Dabei war für den studierten Wirtschaftsingenieur eine Berufung lange kein Thema gewesen. Bis er auf Empfehlung von Pater Thomas Gögele LC an Exerzitien der Legionäre Christi in Bad Münstereifel teilnahm. Franz Schöffmann hat mit ihm gesprochen.
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FS: Kaplan Klemens, in Ihrem Lebenslauf ist Medugorje 2012 als ein Wendepunkt angeführt, warum?
Kaplan Klemens: Ich wollte dort eine gute Berufsentscheidung treffen, nachdem sich für mich Möglichkeiten über Möglichkeiten aufgetan hatten. Vielleicht einen Schritt zurück: Sehnsucht war für mich immer das prägende Thema. Ich hatte diese Sehnsucht nach Glück, nach Glück im Herzen. Ich habe Verschiedenes probiert, aber zu 100 Prozent hat nichts funktioniert. Mit einem halben Glück wollte ich mich aber nicht zufriedengeben.
FS: Womit dann?
Kaplan Klemens: Ich merkte bald: Es geht nicht, dass man alles hat. Freunde, Fußballverein, Erfolg in der Arbeit und vielleicht einmal eine Familie zu haben, bringt man nicht unter einen Hut. Das brachte mich in eine Krise, da war ich so um die 23. In einem nächsten Schritt wollte ich ein bisschen mehr Ernsthaftigkeit ins Leben bringen. Im zweiten Masterjahr meines Studiums begann ich zu arbeiten, die Situation war anfangs nicht leicht, die Frage nach dem Sinn wurde intensivier. Daraufhin rieten mir meine Eltern zu beten. Ich betete im Auto, aber nur ganz wenig, damit ich Ruhe und Frieden im Herzen hatte. Das funktionierte. Rosenkranzbeten war das einzige, das ich konnte und von früher kannte. Das hat fünf Minuten gedauert, den Rest hörte ich im Radio, da ist was in Richtung Gebet gekommen.
FS: Was ist da gekommen?
Kaplan Klemens: Ich funktioniere sehr stark über Resultate und über Effekte. Wenn etwas funktioniert, tue ich es, wenn nicht, tue ich es nicht. Ich suchte Frieden und Ruhe im Herzen. Nachdem das durch Beten funktioniert hat, habe ich weiterhin gebetet. Das war eine Technik, die benutzte ich einfach. Da war aber eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus noch weit weg.
FS: In Medugorje wollten Sie sich dann für einen Beruf entscheiden.
Kaplan Klemens: Ich wollte eine gute, gründliche und saubere Entscheidung treffen. Denn wenn ich in 40 Jahren draufkomme, dass ich in die falsche Richtung gerannt bin, ist das Leben im Eimer oder hat man für eine falsche Sache gelebt. Ich hatte grundsätzlich nicht gewusst, was das letzte Ziel ist, für das es sich zu leben lohnt. Da begann für mich die Reise, die Suche, die mich auch nach Medugorje brachte. Jetzt weiß ich es aus dem Glauben heraus: Es ist nie zu spät, dass man sich zu Jesus hinwendet.
FS: Warum Medugorje?
Kaplan Klemens: Weil meine Eltern mich dorthin öfters mitnahmen und ich dort einen Frieden erfahren habe. Das war immer der Familienurlaub. Familie war bei uns zu Hause wichtig und wertvoll.
FS: Und was passierte dann dort?
Kaplan Klemens: Bei der Gründonnerstagsfeier hat es bum gemacht. Ich erkannte, dass Jesus da vorne in der Monstranz wirklich gegenwärtig ist. Das war eine intensive nachhaltige Erfahrung. Da war auf einmal die ganze Lebensziel- und Was-weiß-ich-noch-Planung ´on hold´. Ich ging dem nach – und zu Hause in den Gebetskreis. Dort lernte ich Pater Thomas Gögele kennen, der lud mich zu seinen Exerzitien ´Drei Tage nur für Jesus´ nach Bad Münstereifel ein. Dort brach die Berufungsfrage auf. Ich hatte das selber nie aktiv überlegt, das kam zu mir.
FS: Da ist Ihnen etwas geschenkt geworden?
Kaplan Klemens: Am Anfang sah ich das nicht als Geschenk und dachte nur: Auch das noch!
FS: Wie brach denn die Berufungsfrage bei den Exerzitien auf?
Kaplan Klemens: Pater Thomas hat über Jesus gesprochen, wie ich das zuvor noch nie gehört hatte. Und ein anderer Priester hat dort über die Bibelstelle gepredigt, wo Jesus am Ufer des Sees Genezareth entlanggegangen ist, die Jünger berufen und Petrus seine Fishing GmbH verlassen hat. Das bewegte mich, weil für mich damals die Wirtschaft wichtig war – und in dem Moment wusste ich im Herzen: Das meint mich! Das war kein kognitiver Akt, kein Nachdenken, sondern eine Form von Erkenntnis, direkt in der Seele. Ich bin gezogen worden, das ist auf mich zu gekommen. Das Thema war da, auch wenn es anfangs für mich nicht wahrnehmbar war, weil es überdeckt war mit der Welt. Ich überlegte nicht, ob ich Priester werden soll, sondern das war einfach da. Okay, dachte ich, was tust du nun damit?
FS: Und?
Kaplan Klemens: Ich versuchte das zu vergessen! Aber es ist einfach wiedergekommen. Zuerst einmal im Monat, dann einmal die Woche, dann einmal am Tag und dann war es auf einmal das Erste und das Letzte am Tag. Ich wusste: So kann es nicht weitergehen! Aber davonlaufen wollte ich auch nicht. Okay, dann muss ich halt das Thema angehen, weil so will ich nicht mehr weiterleben.
FS: Wie geht man das Thema an?
Kaplan Klemens: Ich dachte mir: Was wäre, wenn ich wirklich eine Berufung habe? Mein Thema war immer, mein Leben stringent zu leben. Nicht einfach dahinleben, sondern das Ziel war wichtig. Wenn das wirklich meine Berufung ist, dann wird das schon funktionieren. Aber mit Enthusiasmus und Freude hatte das am Anfang nichts zu tun. Sondern das war ein ganz nüchternes Herangehen: Es ist jetzt da, also muss ich jetzt daran arbeiten.
FS: Wie arbeitet man daran?
Kaplan Klemens: Das erste Jahr war ich damit beschäftigt, ein bisschen aus der Welt herauszukommen. Dann schlichen sich bei meinem Lebensstil ein paar Gewissensbisse ein, ich versuchte das eine oder andere abzustellen, weil mich das Jesus Christus nicht näherbrachte. Ich hatte durch die Gebetsgemeinschaft ein regelmäßiges Gebetsleben, ging dann auch regelmäßig beichten. Die Beziehung zu Jesus wurde tiefer. Ein paar Monate nach den Exerzitien war die Lebensübergabe beim Loretto-Pfingstfest ein starker Moment. Der Priester hatte gemeint, wir könnten Jesus einen Blankoscheck ausstellen. Ich wollte immer alles gründlich machen und dachte mir: passt! Innerlich merkte ich: Jesus antwortet darauf. Das ist kein Spiel.
FS: Was ist nach dem Blankoscheck passiert?
Kaplan Klemens: Er meinte, dass es in seinem Orden der Legionäre Christi eine fünfwöchige Unterscheidungsphase gebe. Danach machte ich den nächsten Schritt ins Noviziat hinein. Dort habe ich alles gelernt, was ich für ein geistliches Leben grundlegend brauche, das ganze Betriebssystem quasi. Diese Art von Grundlagen-Ausbildung habe ich bis jetzt kein zweites Mal gesehen. Es wäre gut, wenn alle Seminaristen Zugang zu einer solchen Ausbildung hätten. Ich bin absolut dankbar für diese zwei Jahre. Aber das hängt halt auch sehr stark an der Person von Pater Konstantin Ballestrem, der ein sehr umsichtiger und einfühlsamer Begleiter war und mir sehr geholfen hat. Doch am Ende der zweijährigen Ausbildung wusste ich, dass meine Berufung im Bereich von Pfarre und territorial begrenzter Seelsorge liegt.
FS: Wie kann man denn ein wenig aus der Welt herauskommen?
Kaplan Klemens: Beten und Beichten sind das Einzige, was hilft. Und auch das Schwierigste.
FS: Warum das Schwierigste?
Kaplan Klemens: Weil Beten kein triviales Thema ist. Am Gebet, das einen zu einer Beziehung zu Gott führt, scheitern in der Praxis vermutlich 95 Prozent aller Glaubensversuche. Man muss dranbleiben. Das Gebet war und ist bei mir der rote Faden. Seit dem Priesterseminar ist es ohnehin das Zentrum meines Lebens. Denn warum sollst du zölibatär leben, dein ganzes Leben Christus und der Kirche schenken? Die Basis dafür ist das Gebet. Was ich letzten Endes einem Burschen oder jungen Mann sagen würde, egal, ob es in Richtung Familie oder geweihtes Leben geht: Gebet ist für alles die Grundlage. Ohne Gebet ist alles nichts. Und beim Beichten liegt die Herausforderung darin, dass man es überhaupt mal tut. Aber von dem Zeitpunkt an, wo man einen Sinn dahinter sieht, weil es einem selber etwas bringt, geht man ohnehin regelmäßig.
FS: Anfangs sprachen Sie von der Sehnsucht nach Glück, ist die nun erfüllt?
Kaplan Klemens: Insofern man bei Gott ist und mein Herz von ihm erfüllt ist, ja. Aber in der Welt schwebt man nicht auf einer Wolke dahin. Das wäre eine falsche Sehnsucht, den Himmel gibt’s später.Was aber nicht bedeutet, dass wir nicht schon in dieser Welt danach streben sollten.
FS: Danke für das Gespräch Kaplan Klemens!