„Christus richtet den Sünder durch eine Liebe, wie sie abgründiger nicht gedacht werden kann.“
(Karl-Heinz Menke, Theologe und Joseph-Ratzinger-Preisträger 2017)
Gott ist nicht harmlos
Wenn mich ein Geschehen im Leben oder in der Welt überwältigt, kann mich plötzlich Gottes Heiligkeit ergreifen, seine Erhabenheit, seine Unverfügbarkeit: So mischt sich z.B. in eine große Freude oder Gnade ein Bewusstsein des Unverdienten; mir strahlt etwas von Gott auf, vor dem ich mich erschreckend unwürdig fühle; eine Katastrophe konfrontiert mich mit meiner menschlichen Ohnmacht und völligen Verwiesenheit auf seine Gnade. Gottes Heiligkeit strahlt mir auf und ich möchte wie Petrus erschüttert ausrufen: „… ich bin ein sündiger Mensch, Herr!“ (Lk 5,8).
Versöhnung ist unabdingbar
Das Volk Israel im Alten Bund war von dieser Erfahrung durchdrungen: Gott wollte in seiner Mitte sein, aber das Volk fürchtete die Begegnung mit seiner Heiligkeit, weil keiner mit seinen Sünden davor bestehen konnte. So bat das Volk Mose um Mittlerschaft. Gott gab Mose Weisungen für den zum Priester bestellten Aaron, wie er und jeder Nachfolger die Reinigung des Volkes von Sünden vollziehen und Versöhnung erwirken sollte:
Einmal im Jahr sollte der Hohepriester allein das verborgene Heiligtum mit der Bundeslade im Offenbarungszelt und im späteren Tempel betreten: am Jom Kippur, dem Versöhnungstag (vgl. Levitikus 16). Um vor Gottes Gegenwart dort nicht zu vergehen, sollte er zuerst Sühne-Reinigungen für sich und das Volk durch Waschungen und das Opfern von Tieren vollziehen. Dann sollte er mit dem Blut der Opfertiere in das Heiligtum treten und es zur Entsühnung für alle Unreinheiten und Sünden des Volkes auf der Bundeslade versprengen, die er zuvor in Weihrauch einzuhüllen hatte, „damit er nicht sterben muss“ (vgl. Lev 16,12-16). Nur hier sollte er – er allein – den heiligsten Namen Gottes aussprechen, jenen Namen, der Mose am brennenden Dornbusch offenbart worden war. So sollte sich die Beziehung zwischen Gott und seinem Volk erneuern.
Jesu Blut zerbricht die Macht der Sünde
Heute fremdeln wir mit solchem Vollzug. Warum eigentlich? Ist Gott denn harmloser geworden und sind unsere Sünden weniger fürchterlich? Haben nicht eher wir uns so an den Neuen Bund gewöhnt, dass wir seine ganze Liebesmacht verkennen? Jesus hat die Todeskraft der Sünde mit seinem Blut gebrochen und die Situation des Menschen vor Gott grundlegend verändert! Jesus Christus hat uns die Allmacht der Heiligkeit Gottes als Allmacht seiner Liebe und Barmherzigkeit offenbart, deren rettende Kraft er jedem Menschen unablässig und voller Geduld anbietet.
„Seht, ich mache alles neu“ (Offb 21,5)
Dies bezeugen Jesu eigene Worte im 17. Kapitel des Johannesevangeliums. Jesus betet beim Abendmahl vor seinem Tod vor den Jüngern zum Vater im Himmel. Dieses Gebet wird auch das Hohepriesterliche Gebet genannt, weil sich Jesus hier als der eigentliche Hohepriester für uns zum Opfer weiht, das er am Altar des Kreuzes für die Menschen aller Zeiten vollzieht. Als Gotteslamm vernichtet er die todbringenden Folgen unserer Sünden mit seinem für uns vollzogenen Gehorsam der Liebe zum Vater.
Seitdem steht uns das Allerheiligste Gottes in der Eucharistie offen, die Jesu Hingabe für uns an den Vater vergegenwärtigt. Seitdem wäscht uns sein Blut immer neu rein, wenn sich dessen Heilskraft in der heiligen Messe und im Sakrament der Versöhnung entfaltet. Jesu Opfer hat die Macht, uns in ihm mit dem innersten Liebesvollzug Gottes zu einen. In der Kraft seines Namens dürfen wir Gott unseren Vater nennen.
Die Furcht überwinden
Jesu Worte im Hohepriesterlichen Gebet geben gerade jetzt Orientierung, sie stärken Glaube und Hoffnung, denn hier öffnet sich uns der „heilige Boden“ (vgl. Exodus 3,5) seines Herzens. Betrachten wir diese Worte während der nächsten neun Tage und lassen wir Jesu Worte und die darauf bezogenen Stellen aus der Heiligen Schrift auch direkt zu uns sprechen und unser Herz für das Geschehen der Kar-und Ostertage bereiten.
Zu Beginn dieser Fastenzeit hat uns Gott inständig mit der Bitte: „Kehrt um zu mir von ganzem Herzen … zerreißt Eure Herzen, nicht eure Kleider …“ (Joël 2,12-18) in die „Kammer“ eines verborgenen Austauschs mit ihm gerufen (vgl. Mt 6,6). Er ersehnt unser Erkennen seiner Liebe, damit wir seine Heiligkeit als Liebesmacht wahrnehmen. Dieser Macht können wir uns immer und mit allen Sünden anvertrauen und so erleben: „Furcht gibt es in der Liebe nicht, sondern die vollkommene Liebe vertreibt die Furcht. Denn die Furcht rechnet mit Strafe, wer sich aber fürchtet, ist nicht vollendet in der Liebe. Wir wollen lieben, weil er uns zuerst geliebt hat“ (1. Joh 4,18-19).
Unseren Gott anbeten und füreinander eintreten
Bitten wir darum, dass uns, wenn wir am Osterfest unser Taufversprechen erneuern, die von Christus verliehene Würde und Kraft unseres Tauf-Priestertums hell aufscheint: Gott Opfer des Lobes und des Dankes zu bringen und betend und segnend für die einzutreten, die Gott so noch nicht erkannt haben. Dann wird unser Osterjubel zur Antwort auf die rettende Liebe, mit der uns Gott bis zur Vollendung liebt (vgl. Joh, 13,1).
Gern teile ich mit Ihnen diese Gedanken, die Frucht des gemeinsamen Gebets und Austauschs in unserer geistlichen Familie Regnum Christi sind. Mögen sie Ihnen helfen, noch tiefer in das Geheimnis der Kar- und Ostertage einzudringen.
Dazu sende ich Ihnen meinen Segen.
P. Konstantin Ballestrem LC
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