Dienstag,
10. November 2015
Unsere Schuldigkeit
Dienstag der zweiunddreißigsten Woche im Jahreskreis
Hl. Leo der Große, Papst
Hl. Justus,
Bischof
P. Martin Baranowski LC
Lk 17,7-10
In jener Zeit sprach Jesus: Wenn einer von euch einen Sklaven hat, der pflügt oder das
Vieh hütet, wird er etwa zu ihm, wenn er vom Feld kommt, sagen: Nimm gleich Platz zum Essen? Wird er nicht
vielmehr zu ihm sagen: Mach mir etwas zu essen, gürte dich, und bediene mich; wenn ich gegessen und
getrunken habe, kannst auch du essen und trinken. Bedankt er sich etwa bei dem Sklaven, weil er getan hat,
was ihm befohlen wurde? So soll es auch bei euch sein: Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen wurde,
sollt ihr sagen: Wir sind unnütze Sklaven; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan.
Einführendes Gebet: Jesus, du hast mich gelehrt, Gott Vater zu nennen, weil ich in der Taufe wirklich Kind Gottes geworden bin. Lehre mich, in diesem Gebet in einer vertrauten Beziehung zu Gott zu wachsen, um daraus Kraft für den heutigen Tag zu schöpfen.
Bitte: Mache mich tüchtig in allem Guten, damit ich den Willen Gottes erfülle und tue, was ihm gefällt (vgl. Hebr 13,20).
1. Sklavendienst. In diesem Gleichnis verwendet Jesus ein Bild, das den Menschen damals ganz einsichtig war, uns heute hingegen wohl eher fremd ist: Der Sklave hatte keinerlei Rechte und sein Herr daher auch keinerlei Pflichten ihm gegenüber. So würde man sich auch heute wundern, wenn sich jemand bei seinem Smartphone oder Auto bedankt, weil es ihm nützlich war. Wenn Jesus nun Menschen mit Sklaven vergleicht, dann rechtfertigt er damit in keiner Weise die Sklaverei (die den Menschen seiner Würde beraubt), sondern er verdeutlicht, dass wir Gott gegenüber nicht auf Rechte pochen können. Wir sind Empfänger seiner Güte und Gnade. Und dadurch, dass wir unsere Pflicht bis zum Ende erfüllen, beraubt uns Gott keineswegs unserer Würde.
2. Gottesdienst. Im Unterschied zum Sklavenbesitzer braucht Gott unsere „Arbeit”, d.h. unsere Tugenden und unser Gebet nicht. Er wird dadurch nicht reicher. Vielmehr wünscht er um unseretwillen, dass wir ihm dienen, weil er uns aufrichtig liebt: „Unser Lobpreis kann deinen Ruhm nicht mehren, doch uns bringt er Segen und Heil durch unseren Herrn Jesus Christus” (Präfation IV für Wochentage). Diese Erkenntnis kann helfen, den Gottesdienst nicht als schwere Last und Gottes Liebe nicht als käuflich zu betrachten. Gott ist kein Feind, gegen den ich mich verteidigen muss, sondern mein Verbündeter, der mein Glück und Heil mehr ersehnt als ich selbst.
3. Unsere Schuldigkeit. Die Liebe zu Gott ist kein Gefühl, das erzwungen werden muss, sondern sie ergibt sich auf natürliche Weise aus der Betrachtung der Wohltaten, die Gott uns erwiesen hat. Bevor Gott irgendetwas verlangt, schenkt er, und die Hingabe kann immer Antwort auf ein Geschenk sein, das wir zuerst von Gott erhalten haben. Je deutlicher uns daher die Gaben Gottes bewusst werden, desto klarer erkennen wir auch, wie sehr wir mit unserer Antwort dahinter zurück bleiben, weil Gott sich an Großzügigkeit und Liebe nicht übertreffen lässt. So entsteht der ehrliche Wunsch, der Liebe, die wir erfahren haben, zu entsprechen.
Gespräch mit Christus: Herr, ich komme zu dir nicht wie jemand, der etwas einfordern könnte. Ich weiß mich von dir geliebt und beschenkt ‐ viel mehr als ich jemals aus eigener Kraft erwerben oder verdienen könnte. Hilf mir, diese Gaben niemals als selbstverständlich zu betrachten, lass mich immer wieder neu darüber staunen und daraus Hoffnung und Vertrauen schöpfen.
Möglicher Vorsatz: Heute möchte ich mir bewusst machen, wie reich Gott mich beschenkt hat, und mich daran freuen. (Siehe hierzu auch einige Gedanken von Papst Franziskus, Enzyklika Laudato Si, Nr. 223).