„Das war das beste Jahr meines Lebens!“

Davide Forti (19) aus Bozen blickt im Interview mit Samuel Jeschke auf sein Jahr als Coworker im Apostelhaus Alzgern zurück.

Davide Forti besuchte im Sommer 2021 den Coworker-Kurs im ApostelHaus des Regnum Christi in Alzgern. Nach einem kurzen Aufenthalt als Coworker in Kolumbien entschied er sich, nach Deutschland zurückzukommen und sein Jahr in Bayern zu absolvieren. Dort begleitete er Pater Leonhard Maier LC in Südbayern und Oberösterreich. Im Interview mit Samuel Jeschke, der ihn bereits zu Beginn des Coworker-Jahres schon einmal befragt hatte, schildert er nun Eindrücke, Höhen und Tiefen – und wie ihn dieses Jahr geprägt hat.

* * *

Hallo Davide, beschreib doch bitte mal Dein Coworker-Jahr in ein paar Sätzen!
Davide: Für mich war das Coworker-Jahr das beste Jahr meines Lebens. Ich habe so viel gelernt und bin persönlich gewachsen, nicht nur als Christ, sondern auch als Mensch. Es war aber ein Jahr, in dem ich sehr vielen Menschen helfen und Gott auf eine neue Art erfahren und kennenlernen durfte.

Das ist mal ein Statement: Das beste Jahr Deines Lebens. Bei Dir ist das Coworker-Jahr aber eher etwas holpriger losgegangen, oder?
Ja, stimmt. Im Regnum Christi in Italien funktioniert das so: Wir werden als Coworker zu unterschiedlichen Gemeinschaften geschickt. Und ich sollte eben nach Kolumbien gehen. Als ich dann dort war, hatte ich einen Traum, in dem ich meine Großmutter vor dem Apostelhaus in Alzgern stehen sah. Sie nahm mich an der Hand und führte mich in das Haus. Da wusste ich, dass ich nicht in Kolumbien bleiben, sondern mein Jahr in Alzgern machen soll. Deswegen habe ich einen Rückkehrprozess angetreten. Das waren vor allem Gespräche mit Pater Martin und Pater Julian, dem Regnum Christi in Kolumbien und in Rom, denen ich meine Situation erklärt habe. Als ich das Okay bekommen habe, bin ich zunächst nach Italien gekommen.

Zu Hause musste ich erst mal zehn Tage in Corona-Quarantäne und während dieser Zeit bekam ich die Nachricht, dass ich nach Alzgern gehen darf. Dass Gott immer Pläne hat, durfte ich dann auf eindrucksvolle Art und Weise feststellen: Im Dezember 2021 erreichte uns nämlich die traurige Nachricht aus Kolumbien, dass der Pater, mit dem ich in Kolumbien gearbeitet hätte, bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist! Man kann es zwar nicht mit absoluter Sicherheit sagen, aber die Wahrscheinlichkeit wäre hoch gewesen, dass auch ich in diesem Auto gesessen wäre.

Eine krasse Story … Wie war es für Dich, als Du das Okay bekommen hast, nach Deutschland zu gehen?
Davide: Ich war überglücklich, weil ich das Gefühl hatte, dass das für mich das Richtige ist. Außerdem hatte ich mir ehrlich gesagt keinen Plan B bereitgelegt, falls ich das Coworker-Jahr abbrechen müsste.

Was waren denn Deine Aufgaben als Coworker?
Davide: Ich war mit Pater Leonhard unterwegs und sofort in alle Aufgaben eingebunden. Meine erste große Aufgabe war die Organisation für die deutschen und österreichischen Teilnehmer am ECYD-Freundschaftsturnier in Valencia (Spanien), dann unsere Teilnahme am ECYD-Teamleitertreffen in Rom. Ansonsten war viel im Hintergrund zu machen, wie zum Beispiel die Finanzplanung der Camps und der „GetStrong“-Treffen.

Wie sah denn eine typische Woche für Dich aus?
Davide: Montags ist Gemeinschaftstag, da haben wir entweder als Gemeinschaft etwas unternommen oder der Tag war frei. Dienstags wurde gemeinsam die ganze Woche geplant. An allen anderen Tagen lief dann das volle Programm: Teamtreffen mit Jugendlichen, Familien besuchen, im Haus helfen und natürlich viel Gebet, Meditation, Rosenkranz, hl. Messe und Anbetung. Es gab ein paar Fixtermine mit Pater Leonhard, den Rest konnte ich mehr oder weniger frei gestalten.

Was waren Deine Highlights?
Davide: Die Zeit in Valencia, das war mein erstes Camp als Coworker und das erste, das ich organisiert hatte. Außerdem habe ich dort erste Freundschaften geschlossen und die Stimmung war richtig gut. Ein weiteres Highlight war für mich das europäische ECYD-Treffen in Rom. Ich war zwar mit ein paar anderen Leuten in der Organisation, aber wegen Coronaerkrankungen im Team musste ich plötzlich alles allein stemmen. Es ging aber alles gut, denn es gab es vier Coworker aus Spanien und Italien, die mir sofort geholfen haben. Diese Gemeinschaft und die anderen Coworker zu erleben war ganz besonders. Zu sehen, wie alle begeistert nach Hause gingen, war großartig.

Ein weiteres Highlight war die Priesterweihe im Mai in Rom, ein sehr bewegender Moment. Unter ihnen war ja auch Pater Michael Hemm LC, der als Diakon in der Gemeinschaft in Alzgern war. Ihn jetzt als Priester zu erleben ist einfach wow.

Was waren denn für Dich Schwierigkeiten während des Jahres?
Davide: Anfangs war es schwer für mich, die Bayern zu verstehen. Viele sprechen Dialekt, aber Monat für Monat habe ich sie immer besser verstanden. Eine weitere Schwierigkeit war es, mich einzuarbeiten, denn ich hatte sofort sehr viel zu tun. Pater Leonhard und ich hatten anfangs Kommunikationsschwierigkeiten, aber ich habe gelernt, offen und ehrlich Dinge anzusprechen und diese zu klären. Dann war es deutlich besser!

Es war natürlich schwierig, lange Zeit nicht zu Hause zu sein. Für mich als 19-Jährigen macht die Mama halt noch viel (lacht) – und dann kommst du in eine Gemeinschaft, hast Waschdienst und gefühlt noch nie eine Waschmaschine bedient. Zum Glück war ich alle drei Monate mal zu Hause und konnte meine Familie sehen. Letztlich waren für mich die Coworker-Gipfel eine Riesenhilfe. Zu merken, dass alle ähnliche Schwierigkeiten haben. Die Treffen und der Austausch waren immer sehr wertvoll für mich!

Wie war denn die Gemeinschaft unter den Coworkern?
Davide: Die Gemeinschaft unter den Coworkern war großartig, anfangs des Jahres waren wir fünf, später vier. In Alzgern waren wir dann zu zweit (mit Balázs Fináczy, Anmerkung d. R.), das war einfach fantastisch. Aber auch mit den anderen bin ich in regem Kontakt geblieben. Egal, ob jemand etwas Schönes erlebt hat oder ob es etwas Schweres war, wir waren immer füreinander da, sind wirklich eine Gemeinschaft geworden.

Wurden Deine Erwartungen in dieses Jahr erfüllt?
Davide: Ich hatte keine Erwartungen, weil ich verstanden habe, dass man mit Gott eigentlich keine Erwartungen zu haben braucht, weil es immer eine Überraschung gibt. Und so habe ich das Jahr begonnen, weil ich Gott gerne etwas geben wollte. Am Ende dieses Jahres realisiere ich immer mehr, dass der eigentlich Beschenkte ich bin. Und dass ich tausendmal mehr bekommen habe als ich gegeben habe.

Inwiefern hat Dich das Coworker-Jahr verändert und geprägt?
Davide: Ich brauchte den Kontakt mit Freunden, bei Schwierigkeiten fühlte ich mich immer allein. Ich musste sofort mit jemandem sprechen, um mir meine Dosis Selbstbestätigung abzuholen. Im Laufe des Coworker-Jahres wollten aber ein paar Freunde nicht mehr mit mir befreundet sein, was für mich sehr traurig war. Aber ich habe gemerkt, dass Gott derjenige ist, der bleibt und mit mir durch alle Schwierigkeiten geht. Wenn ich ein Gespräch brauche, gehe ich jetzt zu ihm. Gott ist jetzt mein erster Ansprechpartner geworden. Auch wenn mir der Kontakt und Austausch mit Freunden wichtig ist.

Mein Gebetsleben hat sich verändert. Für mich ist es jetzt normal, 30 Minuten in Stille zu beten. Ich werde versuchen, das weiterhin so zu leben. Ich will jeden Tag mit Gott beginnen und auch beenden. Und ich habe mich als Person weiterentwickelt: Ich habe gelernt, keine Angst mehr vor den Leuten zu haben. Ich war zwar schon vorher eher extrovertiert, aber habe jetzt an Selbstvertrauen gewonnen und es fällt mir jetzt leichter, mit anderen über Glaubensthemen zu reden.

Wie war es denn, ein ganzes Jahr lang mit Priestern zu leben?
Davide: Am Anfang war es schwierig, weil das eine andere Welt ist. Daran muss man sich erst gewöhnen. Doch schon bald habe ich mich super wohlgefühlt und es war eine schöne Zeit. Wichtig war für mich die Erkenntnis, dass Priester eben auch Menschen und nicht perfekte Wesen sind, die du nicht erreichen kannst. Sie sind wie du und ich, sprechen über alles und haben auch ihre Ängste.

Wenn Dich jemand fragt, ob er ein Coworker werden soll, was sagst Du ihm?
Davide: Wenn jemand etwas Gutes tun will, Spaß haben möchte und an sich selbst arbeiten will, ist das Coworker-Jahr eine super Gelegenheit dafür. Für mich war es eine Berufung. Gott ist in mein Leben eingetreten und wollte, dass ich Coworker werde.

Danke für das Gespräch!

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