Die deutschen Bischöfe begannen im Jahr 2010 die schrittweise Aktualisierung und Neuschaffung der offiziellen Normen und Leitlinien zum Umgang mit Fällen des sexuellen Missbrauchs.
Seit 24. Januar 2022 ist die neue „Ordnung für den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger und schutz- oder hilfebedürftiger Erwachsener durch Kleriker und sonstige Beschäftigte im kirchlichen Dienst (Interventionsordnung)“ beschlossen und inzwischen in allen (Erz-)Diözesen in Kraft getreten. Das Dokument wurde vom Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz am 18. November 2019 beschlossen und vom Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz am 24. Januar 2022 an kirchenrechtliche Neuregelungen angepasst.
Hier können Sie Ordnung für den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger und schutz- oder hilfebedürftiger Erwachsener durch Kleriker und sonstige Beschäftigte im kirchlichen Dienst (Interventionsordnung) als PDF herunterladen (externer Link).
Apostolisches Schreiben „Vos estis lux mundi“
Mit der Veröffentlichung des Motu proprio „Vos estis lux mundi“ am 9. Mai 2019 hat Papst Franziskus ein weiteres Dokument im Kampf gegen den sexuellen Missbrauch erlassen. Dazu erklärte Bischof Dr. Stephan Ackermann (Trier), Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für Fragen des sexuellen Missbrauchs im kirchlichen Bereich und für Fragen des Kinder- und Jugendschutzes: „Das mit Datum vom 7. Mai 2019 unterzeichnete Motu proprio Vos estis lux mundi setzt die Reihe der Dokumente fort, mit denen Papst Franziskus als universalkirchlicher Gesetzgeber den Kampf gegen den sexuellen Missbrauch durch kirchliche Amtsträger noch konsequenter und präziser als bisher weiterführen will.
Dazu weitet das Motu proprio bisherige Straftatbestände des kirchlichen Rechts aus: Es umfasst beispielsweise nicht nur Kleriker, sondern auch Ordensangehörige, die keine Kleriker sind. Es weitet die Gruppe der möglichen Opfer aus auf ‚schutzbedürftige Personen‘. Damit sind Personen gemeint, die aufgrund unterschiedlicher Bedingungen in ihrer Fähigkeit, sich gegen Übergriffe zu wehren, eingeschränkt sind. Die Strafbarkeit der Erstellung von pornographischem Material bleibt nicht mehr auf Kinder beschränkt, sondern wird auf Minderjährige insgesamt und schutzbedürftige Personen ausgedehnt (Art. 1).
Über diese inhaltlichen Erweiterungen hinaus zielt das Dokument zum einen auf Straftaten, die mutmaßlich von höheren Geistlichen begangen wurden, zum anderen zielt es auf die Pflichten bzw. Pflichtverletzungen derjenigen, die in der Verantwortung stehen, die Straftaten zu verfolgen. Auch hier sind vor allem die höheren Geistlichen angesprochen, wie etwa Kardinäle, Patriarchen, Bischöfe und Nuntien, aber auch Generalobere und Äbte (Art. 6). Sie werden auf die im Motu proprio festgelegten Verfahrensweisen verpflichtet.“
(aus der Pressemitteilung der DBK vom 9. Mai 2020)
Deutsche Ordensobernkonferenz
Seit 24. Oktober 2023 ist die neue „Ordnung für den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger und schutz- oder hilfebedürftiger Erwachsener durch Kleriker und sonstige Beschäftigte im kirchlichen Dienst im Verantwortungsbereich der Ordensgemeinschaften – Interventionsordnung (2023)“ (externer Link) in Kraft.
Außerdem gilt seit 2020 die „Rahmenordnung – Prävention gegen sexualisierte Gewalt an Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftiger Erwachsener im Bereich der Deutschen Ordensobernkonferenz (2020)“ (externer Link).
Weitere Informationen zum Thema Sexualisierte Gewalt gegen Minderjährige finden Sie auf der Webseite der DOK.
Leistungen für Betroffene in Deutschland – kirchliches Hilfesystem
Um von sexualisierter Gewalt bzw. sexuellem Missbrauch Betroffenen möglichst schnelle und unbürokratische Hilfe anbieten zu können, haben Deutsche Bischofskonferenz und Deutsche Ordensobernkonferenz seit März 2011 Regelungen getroffen. Die Komponenten des bisherigen Leistungsmodells (materielle Anerkennung des Leids in Form einer einmaligen Zahlung, Erstattung von Kosten für Psychotherapie oder Paarberatung) hatten das Ziel, zur Heilung beizutragen.
Materielle und immaterielle Hilfen sollen zum Ausdruck bringen, dass die Kirche das Leid und die Verwundungen anerkennt, die Betroffenen zugefügt wurden. Zum ersten Januar 2021 wurde das Verfahren zur Anerkennung des Leids seitens der Deutschen Bischofskonferenz weiterentwickelt. Viele Ordensgemeinschaften haben sich dem erweiterten Verfahren angeschlossen.
Nähere Informationen und die entsprechenden Dokumente und Formulare finden Sie auf der Webseite der DOK.
Rahmenordnung der Österreichischen Bischofskonferenz
Die „Rahmenordnung für die katholische Kirche in Österreich – Maßnahmen, Regelungen und Orientierungshilfen gegen Missbrauch und Gewalt – Dritte, überarbeitete und ergänzte Ausgabe (2021)“ wurde in der Vollversammlung der Österreichischen Ordenskonferenz am 10. Mai 2021 und in der Sommervollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz von 14. bis 16. Juni 2021 beschlossen. Die Diözesanbischöfe erteilten der Verfahrensordnung (Teil C) dieser Rahmenordnung einzeln ihre Zustimmung im Sinne can. 455 § 4 CIC 1983. Mit Schreiben vom 29. Mai 2021 teilte die Kongregation für die Glaubenslehre mit, dass ihrerseits keine Einwände gegen die vorliegende Neufassung der Rahmenordnung bestehen. Die Rahmenordnung trat am 1. September 2021 in Kraft.
Erstanlaufstelle für alle Fragen und Vorkommnisse im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch und Gewalt im kirchlichen Raum sind die diözesanen Ombudsstellen. Sie stehen mit Rat und Hilfe mutmaßlichen Opfern und deren Angehörigen zur Verfügung. An die Ombudsstellen können und sollen alle Fälle bzw. Verdachtsmomente hinsichtlich Missbrauch und Gewalt herangetragen werden. Allen Hinweisen wird dort rasch, kompetent und weisungsfrei nachgegangen. Die überarbeitete Rahmenordnung sowie weitere Informationen dazu finden Sie außerdem auf der eigenen Webseite der Ombudstellen in Österreich unter: www.ombudsstellen.at
Grundlagenwissen und konkrete Handlungshinweise
■ Die Deutsche Bischofskonferenz hat im November 2010 eine Handreichung zum Thema „Prävention von sexualisierter Gewalt an Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen“ veröffentlicht. Seit 1. Dezember 2023 liegt eine Neuauflage vor (diese kann hier als PDF heruntergeladen werden).
Die Handreichung beinhaltet sowohl wichtige Begriffserklärungen als auch Eckpunkte präventiven Handelns. Im Vordergrund steht die Prävention in katholischen Schulen, Internaten und Kindertageseinrichtungen. Die Handreichung ist die Teil eines Maßnahmenpakets der Deutschen Bischofskonferenz zur Unterstützung der Träger katholischer Bildungseinrichtungen.
■ „Augen auf – Hinsehen und Schützen“ heißt eine Broschüre des Erzbistums Köln, die zusammenfassende Informationen zur Präventionsordnung 2022 für die Überarbeitung der Institutionellen Schutzkonzepte beinhaltet (Download der Broschüre als PDF hier).
Darüberhinaus existiert die gleichnamige 36-seitige Handreichung (Download der Handreichung als PDF hier), sie vermittelt Grundlagenwissen zum Thema Prävention und sexueller Missbrauch, gibt konkrete Handlungstipps und benennt Ansprechpersonen und offiziell Beauftragte im Erzbistum.
Jede Diözese in Deutschland und Österreich hat ferner eigene Ansprechpartner und Beauftragte für Prävention und Fälle von sexuellem Missbrauch im Sinne der Leitlinien der DBK und DOK. An diese können sich alle wenden, die von sexuellem Missbrauch im kirchlichen Umfeld Kenntnis erhalten. Informationen dazu gibt jede Diözese u.a. auf den jeweiligen Webseiten eigens bekannt.
Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs
Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs ist das Amt der Bundesregierung für die Anliegen von Betroffenen und deren Angehörigen, für Expertinnen und Experten aus Praxis und Wissenschaft sowie für alle Menschen in Politik und Gesellschaft, die sich gegen sexuelle Gewalt engagieren.
■ Die Website des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs – in Folge UBSKM genannt – ist das zentrale Informationsportal für das Themenfeld des sexuellen Kindesmissbrauchs in der Bundesrepublik Deutschland. Das Portal gibt Einblick in die Arbeit des UBSKM, dokumentiert Aktivitäten sowie Entwicklungen und bietet zahlreiche Informationen und Hilfestellungen für Betroffene, Angehörige, Fachkräfte und Interessierte.
■ Zu den Aufgaben der/des Unabhängigen Beauftragten zählen insbesondere:
1. Information, Sensibilisierung und Aufklärung zu Themen der sexualisierten Gewalt gegen Kinder und Jugendliche,
2. Unterstützung der nachhaltigen Verbesserung des Schutzes vor sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und der Hilfen für betroffene Menschen,
3. Identifizierung gesetzlicher Handlungsbedarfe und Forschungslücken im Themenfeld sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche,
4. Wahrnehmung der Belange von Menschen, die in ihrer Kindheit oder Jugend sexualisierte Gewalt erlitten haben,
5. Sicherstellung einer systematischen und unabhängigen Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs in Deutschland.