Michael Hemm LC wurde am 25. Januar 1988 in Ochsenfurt (Ortsteil Rittershausen, Landkreis Würzburg) geboren. Er hat drei ältere und drei jüngere Brüder und eine jüngere Schwester. 2007 machte er am Egbert-Gymnasium Münsterschwarzach sein Abitur. Von 2007 bis 2008 unterstützte er während eines freiwilligen Jahres als „Coworker“ die Pastoralarbeit der Legionäre Christi und des Regnum Christi in Düsseldorf. Am 12. September 2008 trat er in das Noviziat der Ordensgemeinschaft in Deutschland ein. Seine erste Profess legte Br. Michael 2010 in Bad Münstereifel, am Ende des zweijährigen Noviziats ab. Am 7. September 2019 wird er in der St. Anna Basilika in Altötting seine Ewige Profess ablegen.
Sein jüngerer leiblicher Bruder, Peter Hemm, trat 2013 ins Noviziat der Legionäre Christi ein und wird am 7. September 2019 seine Gelübde erneuern.
Im Interview mit Angelika Knauf sprach Michael Hemm LC über seinen Berufungsweg.
Bruder Michael, sie sind nun – das Noviziat eingeschlossen – seit 11 Jahren bei den Legionären Christi. Welches waren die einzelnen Stationen auf ihrem Weg?
Br. Michael: Ich bin 2008 ins Noviziat in Bad Münstereifel eingetreten, war danach zwei Jahre zu den Humanistischen Studien in Monterrey, Mexiko, auf die drei Jahre Philosophie in Rom folgten. 2015 begann ich das Praktikum in der Apostolischen Schule in Bad Münstereifel und bin seit 2018 wieder zurück in Rom zum Theologiestudium.
Welche geistlichen Entwicklungen verbinden sie mit den einzelnen Stationen?
Br. Michael: Ich möchte einen Schritt früher beginnen, denn ich war von 2007 bis 2008 „Coworker“ im Regnum Christi und in dieser Zeit bin ich mir schon über meine Berufung zum Legionär Christi klargeworden. Das Noviziat war für mich daher verbunden mit einer großen Freude, die einfach aus der Entscheidung kam, Christus nachzufolgen. Weil ich die grundsätzliche Entscheidung also schon getroffen hatte, war für mich mit Eintritt ins Noviziat schon klar, dass ich diesen Weg gehen wollte. So konnte ich auch ohne Druck mein Noviziat absolvieren, auch wenn es nicht immer nur einfach war.
Meine ersten Gelübde waren dann aber dennoch ein sehr besonderer Schritt. Auch wenn die Kirche mit den zeitlichen Gelübden noch eine Vorläufigkeit gewährt, so geht es innerlich doch auch bei der ersten Profess schon um den Willen zur Ganzhingabe, Jesus das eigene Leben zu geben und auch anzuvertrauen. Das öffentlich tun zu dürfen, war für mich sehr schön. Es gab für mich einen sehr emotionalen Moment, als wir uns draußen zum Einzug in die Kapelle zur Professfeier aufstellten. Es war einfach dieses Wissen: Ich gehe jetzt in diese Kapelle und gebe Gott mein Leben!
Nach dem Noviziat setzten sie ihre Ausbildung in Mexiko fort. Wie haben sie das Herkunftsland der Gemeinschaft und die fremde Kultur erlebt?
Br. Michael: Sicher eine Etappe, in der ich meine Ordensgemeinschaft viel besser kennenlernen konnte, auch dadurch, dass ich an einer unserer Schulen in der geistlichen Begleitung von Jungen mithelfen durfte. Ich war der einzige aus meinem Jahrgang, der nach Monterrey gegangen ist. Ich erinnere mich noch, als ich von Bad Münstereifel zum Flughafen fuhr, um nach Mexiko zu starten. Ich machte mich allein auf den Weg, doch wusste ich zugleich, ich bin nicht allein, Jesus geht mit mir. Ich war voller Vorfreude auf dieses konkrete Abenteuer mit Jesus.
Diese zwei Jahre waren eine gute Zeit, dazu gehörte auch die Konfrontation mit den gesellschaftlichen Problemen in Mexiko, wie Armut, Drogen und Gewalt.
Die Gemeinschaft und der gute Geist unter unser Ordensleuten, insbesondere mit den Lateinamerikanern und ihrer frohen Mentalität, waren für mich eine echte Bereicherung. Die hohen Temperaturen in Mexiko waren allerdings wirklich ein Kreuz für mich (lacht).
Darauf folgte für sie gleich das Philosophiestudium in Rom. Wie war der Übergang?
Br. Michael: In Rom haben mich vor allem zwei Aspekte sehr beeindruckt: Zum einen die Gemeinschaft mit so vielen Mitbrüdern aus aller Welt – über 250 Seminaristen in einem Ausbildungshaus –, und der Geist, die Freude. Da konnten sich viele bleibende Freundschaften entwickeln.
Zum anderen war da auch die nachmittägliche Aussetzung Jesu in der Eucharistie in der Kapelle des Studienhauses. Wir konnten uns in einen Plan über den Tag eintragen, um eine ständige Anbetung zu gewährleisten. Dort, vor dem Herrn, durfte ich viele sehr tiefe Momente in der Stille erleben, die meine persönliche Beziehung zu ihm immer mehr vertieft haben. Diese Stunde nur mit Jesus am Tag war für mich in meiner weiteren Entwicklung zum Ordensmann wesentlich.
Ihr Praktikum absolvierten sie von 2015 bis 2018 an der Apostolischen Schule in Bad Münstereifel, von der Theorie, den Büchern und Vorlesungen direkt hinein in quirlige Leben von Kindern und Teenagern. Was haben sie aus dieser Zeit für ihren weiteren Lebensweg mitgenommen?
Br. Michael: Das war schon ein Einschnitt! Ich selbst bin ja vorher kein Apostolischer Schüler gewesen. Die Schule wurde genau in dem Jahr eröffnet, als ich ins Noviziat eintrat. Ich kam also nach sieben Jahren, in denen es mehr um meine innere Reifung und meine Ausbildung ging, nun in eine Etappe, in der es ganz um die anderen ging: Um die Schüler, Jungen und Jugendliche, die sich neben ihrer persönlichen und schulischen Entwicklung auch mit der Frage einer möglichen Priesterberufung auseinandersetzten. Es galt, sie in allem bestmöglich zu begleiten. Das war ein ganz anderes Leben als im Noviziat oder beim Studium. Ich war quasi rund um die Uhr im Dienst für andere. Das war eine sehr wichtige Erfahrung für mich, in der ich auch meine Grenzen kennen und annehmen lernen musste.
Danach erneut Studium: Theologie. Konnten sie sich nach dem Praktikum noch einmal für die Bücher begeistern?
Br. Michael: Ja, es ist ja die letzte Etappe vor der Priesterweihe und als ich mich auf den Weg machte, spürte ich schon: Jetzt wird es ernst! Das ist auch anders als zuvor in der Zeit des Philosophiestudiums, denn man kommt aus dem Praktikum mit sehr vielen Erfahrungen, die man nun nach und nach ganz assimiliert und in sein Ordensleben integriert, um so tiefer zum eigentlichen Wesen seiner Priesterberufung zu gelangen, die ja eine Berufung als Dienst für die anderen ist. Auch der Austausch mit den anderen Brüdern über diese jeweiligen Erfahrungen aus dem Praktikum ist sehr wichtig für mich. Alles das vertieft nicht zuletzt den Zugang zur Theologie.
In ihrem Berufungszeugnis aus dem Jahre 2009, noch als Novize, sprachen sie von dem Vertrauen, dass Gott ihnen die Gnade, die Mittel und die Kraft geben würde, um ein heiligmäßiger Priester werden zu können. Hat sich diese Zuversicht bestätigt?
Br. Michael: Ja, das Vertrauen hat sich ausgezahlt! Natürlich hat man zuweilen Zweifel, ob man den Weg schafft. Zwei Erfahrungen haben mein Gottvertrauen gestärkt: Zum einen, dass Gott mich wirklich ganz erfüllen kann, trotz der realen Entsagungen, die aus den Gelübden von Armut, Keuschheit und Gehorsam erwachsen. Zum anderen, dass er mich tatsächlich führt, heiligt und mein Leben in der Hand hält. Man macht darin konkrete Erfahrungen und die Sicherheit wächst.
Was hat sich für sie persönlich als wichtigste Aufgabe oder Sendung als Legionär Christi herauskristallisiert?
Br. Michael: Die Erfahrung: Gott ist barmherzig, er schaut mit Freude auf jeden von uns! So möchte ich die Menschen anschauen. So entspricht es dem Herzen Jesu, dass wir in unserer Spiritualität besonders verehren.
Was bedeutet vor diesem Hintergrund nun für sie der Schritt der Ewigen Profess?
Br. Michael: Ganz klar die Erkenntnis, das erste ist nicht, was ich mache, wozu ich mich entscheide, sondern was Gott macht, in mir und durch mich für andere. Ich habe Gott in meinem Ordensleben als Vater erfahren, der kein Ankläger ist, sondern barmherzig mit meinen Grenzen, der mich eher verteidigt. Ihm will ich mich nun ganz überlassen.
Sie vollziehen diesen Schritt gemeinsam mit jungen Mitbrüdern, die ihre erste bzw. weitere zeitliche Profess ablegen. Was würden sie ihnen für den Beginn des Ordenslebens bzw. dessen weitere Entwicklung mitgeben?
Br. Michael: Ich möchte sie ermutigen, Gott nichts vorzuenthalten und auch später nichts zurückzunehmen. Der Tag der Profess ist sehr emotional, auch tief ergreifend. Die eigentliche Herausforderung ist aber, das jeden Tag zu leben. Ist man nur ein bisschen großzügig, wird man auch nur ein bisschen glücklich…
Was bedeutet es für sie, dass zwei ihrer Geschwister, Maria und Peter, auch zu „geistlichen Geschwistern“ im Regnum Christi und ihrer Ordensfamilie geworden sind?
Br. Michael: Mir war meine Familie immer wichtig, wir sind acht Geschwister und verstanden uns gut. Das ist natürlich ein besonderes Geschenk für mich. Hoffentlich auch für Maria und Peter (lacht)!
Was war für sie ein Moment besonderer Freude, was ein Moment besonderer Herausforderung im Ordensleben?
Br. Michael: Eine besondere, wenn auch stille Freude war es für mich, Menschen begleiten zu dürfen, die besonders gelitten haben. Durch mein einfaches Dasein und Zuhören spüren zu dürfen, dass ich an der richtigen Stelle bin und Gottes Mitleid und Liebe vermitteln durfte. Also Momente, in denen ich wirklich etwas weitergeben konnte.
Herausfordernd waren natürlich manche langen Tage im Praktikum, wenn ich abends vollkommen ausgelastet und müde in der Kapelle saß. Und doch: Ich wollte mit niemandem tauschen. Ich übergab meinen Tag einfach Jesus, bei ihm kam ich zur Ruhe, ich durfte seine Freude über mich spüren.
Was würden sie einem jungen Mann, einer jungen Frau sagen, die den Gedanken an das Ordensleben in sich spüren, aber zweifeln, ob sie diesem Weg in der heutigen Welt gewachsen sind?
Br. Michael: Wenn Gott dich ruft, dann gibt er dir auch die Gnade. Habe vollkommene Offenheit gegenüber Gott!
Natürlich, heute hört man so viele Skandale und mancher fragt sich, ist Ordenspriesterleben überhaupt noch möglich? Ich meine, nur mit wirklicher Aufrichtigkeit Gott, mir selber und anderen gegenüber. Mit der Demut zu vertrauen, dass Gott größer ist als meine Schwachheit.
Ihre Ausbildung haben viele Menschen auf verschiedene Weise mitgetragen, vor allem im Gebet aber auch durch Spenden. Wie fühlen sie sich denen verbunden?
Br. Michael: Ich empfinde eine sehr große Dankbarkeit für deren Wertschätzung und ein Wohlwollen, dass ich persönlich ja gar nicht verdiene! Wenn ich Wohltäter besuche, erfahre ich immer dies: Sie wertschätzen das Ordenspriestertum, sie brauchen es und sie unterstützen es. Ich kann dafür nur schwer Worte finden, ich weiß, ich kann nie zurückgeben, was sie mir geben: einen Teil der Frucht ihres Lebens und ihrer Arbeit!
Und noch dankbarer bin ich für die persönliche Erfahrung eines solch tiefen Glaubens dieser Menschen, der mir selbst so oft zur Gewissenserforschung wurde. Sie sind Geschwister im Glauben, wir sind eine geistliche Familie, die mir ganz persönliche Anliegen anvertraut und Vertrauen auf mein Gebet setzt. Meine Ewige Profess will auch eine Antwort darauf sein.
Danke für das Gespräch!