„Ich würde Putin am liebsten erschießen.“ Wut. Ärger. Fassungslosigkeit. Ohnmacht. Eine Aussage, die sicherlich nicht sehr überlegt war, aus der Emotion heraus, aus dem Nicht-fassen-Können. Der Schock saß und sitzt tief. Und doch. Solche Reaktionen verursachen genau das, was wir mit der Reaktion am liebsten ausmerzen würden: Der Krieg, den ich im eigenen Herzen vorfinde und der gegen das Licht gerichtet ist, denn „die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht“ (Joh 3,19), der Krieg in der Familie, der Krieg zwischen den Völkern. Bevor du versuchst, die Probleme der Welt zu lösen, solltest du das Problem in deinem eigenen Herzen regeln. Denn, wie die Geschichte zeigt, unreife idealistische Weltverbesser tendieren dazu, menschenverachtend zu werden, wenn sie sich an die konkrete Arbeit machen. Weil das Herz in einer Schieflage ist. „Woher kommen Kriege bei euch, woher Streitigkeiten? Etwa nicht von den Leidenschaften, die in euren Gliedern streiten?“ (Jak 4,1). Es ist erstaunlich, wie schnell die Werte des Evangeliums unter gläubigen Christen verschwinden können, wenn Gegenwind aufkommt, wenn Extremsituationen das Schlimmste in uns hervorzurufen drohen. Demut ist hier angesagt. Wer nicht begreift, dass er selbst der Hüter von Ausschwitz hätte sein können, der hat nichts von sich selbst verstanden. Die Gebrochenheit dieser Welt – und des eigenen Selbst – nicht anerkennen wollen, gebiert die gefährlichsten Utopien.
Was tun? Mir scheint Folgendes wichtig:
1. Beten und fasten – vor allem in der Gemeinschaft.
Dem gemeinschaftlichen Gebet und dem gemeinsamen Für-etwas-Fasten obliegt eine besondere Kraft. „Manche Dämonen werden nur durch Fasten und Gebet ausgetrieben.“ (Mt 17,21; Mk 9,29 (SLT-Übersetzung)) Und Dämonischeres als Krieg ist kaum vorzustellen. Deswegen die Einladung von Papst Franziskus, am Aschermittwoch für dieses Anliegen zu beten und zu fasten. Wir im Zentrum Johannes Paul II. wollen noch den Donnerstag und den Freitag dranhängen. Gebet, aber auch für „die Feinde“, die wir zu lieben haben, wenn wir nicht die Rüge des Herrn hören wollen: „Wenn ihr die liebt, die euch lieben, welchen Dank erwartet ihr dafür? Denn auch die Sünder lieben die, von denen sie geliebt werden.“ (Lk 6,32) Vielleicht lässt uns gerade die gegenwärtige Krise erkennen, wie radikal die Botschaft der Feindesliebe wirklich ist.
Am Dienstag, 1. März, begann um 16 Uhr die achttägige durchgehende Anbetung im Zentrum Johannes Paul II. Man kann auch gerne via Livestream auf unserem YouTube Kanal mitbeten. Wer sich in Wien aufhält, den/die laden wird herzlich ein, vor Ort (Marxergasse 10/4, 1030 Wien) mitzubeten.
2. Tun, was möglich ist.
Ein Mitglied aus unserer Gemeinde arbeitet zum Beispiel bei einer Aktion mit, durch die so viele Menschen wie möglich aus der Ukraine gebracht werden. Ein anderes sammelt Medikamente. Das ist genial, weil konkret und unmittelbar. Keine Abstraktion. Wie die Liebe eben. Manche wollen ihr Umfeld und der ganzen Welt erklären, warum der Krieg stattfindet und wer hier gerade viel Geld macht und was alles von wem falsch gemacht wird. Das ist höchstens als interessant einzustufen. „Nicht: Es muss etwas geschehen, sondern: Ich muss etwas tun“ ist ein Wort, das dem Mitglied der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“, Willi Graf, dessen Seligsprechungsprozess im Gang ist, zugeschrieben wird.
3. Beichten.
„Darum bekennt einander eure Sünden, und betet füreinander, damit ihr geheiligt werdet. Viel vermag das inständige Gebet eines Gerechten.“ (Jak 5,16) Wir bedürfen alle der Umkehr. Die Fastenzeit erinnert uns daran und ruft uns dazu auf, das eigene Leben zu regeln, bevor wir beginnen, Steine zu werfen. Mit „Beichten“ meine ich zuerst einmal ganz schlicht und einfach das Beiwohnen des Sakramentes der Versöhnung. Gott dort aufrichtig und ehrlich um Vergebung bitten. Wenn du kein Katholik bist, dann schlage ich trotzdem vor, beichten ansatzweise auszuprobieren, zum Beispiel, indem du auf einen Zettel das aufschreibst, woran du dich erinnerst, wie du deine Freiheit in Egoismus, Selbstsucht, Unversöhntheit oder auch anderen Verfehlungen gegen die Zehn Gebote missbraucht hast. Dann den Herrn aufrichtig um Verzeihung bitten und evtl. danach den Zettel verbrennen als symbolischen Akt deines Vertrauens, dass der Herr wirklich vergibt. Manchmal wird es sogar guttun, die Verfehlungen einer vertrauten Person mitzuteilen und gemeinsam darum zu bitten, dass der Herr vergibt.
Wenn du einen Menschen um Vergebung bitten musst, dann ist jetzt der Moment, ihn zu besuchen oder ihm einen Brief (ist für viele aussagekräftiger als eine Whatsapp-Nachricht oder ein Mail) zu schreiben. Und wenn du zu vergeben hast, dann tue es, jetzt! Auch wenn deine Gefühle noch etwas ganz anderes sagen.
Wenn du einen Menschen um Vergebung bitten musst, dann ist jetzt der Moment, ihn zu besuchen oder ihm einen Brief (ist für viele aussagekräftiger als eine Whatsapp-Nachricht oder ein Mail) zu schreiben. Und wenn du zu vergeben hast, dann tue es, jetzt! Auch wenn deine Gefühle noch etwas ganz anderes sagen.
Friede beginnt bei mir zu Hause, mit den Menschen, die mir gegenüberstehen. Versöhnung ist schwer, aber zugleich das Größte und Schönste, wozu der Mensch fähig ist. Die Versöhnung mit Gott und dem Nächsten ist Bedingung für die Versöhnung der Welt. Da Versöhnung die göttliche Ordnung herstellt, öffnet sie einen Raum für den Frieden, der in der Ruhe besteht, die Resultat dieser Ordnung ist.
Beten und fasten, tun, was möglich ist, beichten: Das lass uns angehen, sodass Friede einkehre! Gottes Segen!
PS. In den letzten Tagen hat mir dieses neue Lied von Brooke Ligertwood Inspiration und Licht geschenkt. Ich habe es auf Deutsch leicht adaptiert übertragen. Wir werden es an den Wochenenden in der Fastenzeit bei unseren Messen singen.
Nineveh, oh Nineveh
Der Herr
wendet dir sein Antlitz zu
Erbarmen oder Unheil
Hörst du noch den Warnruf
Beuge das Knie
Reiß nieder die Idole
Wenn du dich ergibst
Wählst du das Überleben
Ruf seinen Namen an
Lass ab von deiner Gewalttätigkeit
Heraus aus den Aschen
Er wird dich neu beleben
Mein Gott, erbarme dich
Mein Gott, erbarme dich
Ich weiß, wer du bist
Ein gütiger Gott
Ich weiß, du bist langmütig
Aber ich habe deine Liebe falsch verstanden
Vergib mir meine Flucht
Du sandtest den Wind
Das Meer hast du aufgewühlt
Noch immer rebellierte ich
Denn mein Herz war nicht offen
Aber als ich betete
Hast du dort auf mich gewartet
Ich machte ein Gelübde
Dein Heil auszusprechen
Heiliger Geist, lass mich sehen
Wo es Nineveh in mir gibt
Wende deinen Zorn einmal mehr ab von mir
Herr, erbarme dich
Vollkommener Prophet
Priester, König
Christus wurde für mich zur Huld
In seinem Leib trug er die Schuld
Für alle, die ihm vertrauen
Gott erbarmt sich
Herr, erbarme dich
Nineveh, oh Nineveh
Der Herr
wendet dir sein Antlitz zu