Sonntag,
30. September 2007
Uninteressiert an Lazarus
Sechsundzwanzigster Sonntag im Jahreskreis
P. Edward McIlmail LC
Lk 16,19-31
Jesus sprach zu den Pharisäern: Es war einmal ein reicher Mann, der sich in Purpur und feines Leinen
kleidete und Tag für Tag herrlich und in Freuden lebte. Vor der Tür des Reichen aber lag ein armer Mann
namens Lazarus, dessen Leib voller Geschwüre war. Er hätte gern seinen Hunger mit dem gestillt, was vom
Tisch des Reichen herunterfiel. Statt dessen kamen die Hunde und leckten an seinen Geschwüren. Als nun der
Arme starb, wurde er von den Engeln in Abrahams Schoß getragen. Auch der Reiche starb und wurde begraben. In
der Unterwelt, wo er qualvolle Schmerzen litt, blickte er auf und sah von weitem Abraham, und Lazarus in
seinem Schoß. Da rief er: Vater Abraham, hab Erbarmen mit mir, und schick Lazarus zu mir; er soll wenigstens
die Spitze seines Fingers ins Wasser tauchen und mir die Zunge kühlen, denn ich leide große Qual in diesem
Feuer. Abraham erwiderte: Mein Kind, denk daran, dass du schon zu Lebzeiten deinen Anteil am Guten erhalten
hast, Lazarus aber nur Schlechtes. Jetzt wird er dafür getröstet, du aber musst leiden. Außerdem ist
zwischen uns und euch ein tiefer, unüberwindlicher Abgrund, so dass niemand von hier zu euch oder von dort
zu uns kommen kann, selbst wenn er wollte. Da sagte der Reiche: Dann bitte ich dich, Vater, schick ihn in
das Haus meines Vaters! Denn ich habe noch fünf Brüder. Er soll sie warnen, damit nicht auch sie an diesen
Ort der Qual kommen. Abraham aber sagte: Sie haben Mose und die Propheten, auf die sollen sie hören. Er
erwiderte: Nein, Vater Abraham, nur wenn einer von den Toten zu ihnen kommt, werden sie umkehren. Darauf
sagte Abraham: Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, werden sie sich auch nicht überzeugen
lassen, wenn einer von den Toten aufersteht.
Einführendes Gebet: Mein Jesus, ich glaube, dass du bei mir bist, wenn ich mit dieser Meditation beginne. Hilf mir, dass ich mich in dieser Zeit des Gebets auf dich konzentriere und danach suche, dir zu gefallen und nicht nur spirituellen Zuspruch für mich zu suchen. Öffne mein Herz für das, was du mir sagen willst. Lass mich deine Nähe spüren jetzt und den ganzen Tag hindurch.
Bitte: Herr, weise mich stärker auf die Menschen in meiner Umgebung hin, die meine Hilfe benötigen.
1. Nett sein ist nicht genug. Der reiche Mann im heutigen Evangelium ist, wie man heute sagen würde, der „nette Kerl”. Seine guten Eigenschaften sind reichlich vorhanden. Letzten Endes nimmt er sein Schicksal demütig an. Er bittet nicht darum, aus der Hölle befreit zu werden; er bittet nur um einen Tropfen Wasser, um seinen Durst zu stillen. Als er nicht einmal diese Linderung bekommen kann, fleht er um einen Boten in der Hoffnung, seinen Brüdern ein ähnliches Schicksal ersparen zu können. Zumindest denkt er an das Wohlergehen anderer. Dennoch rettete ihn diese ganze Nettigkeit nicht vor der ewigen Strafe. Denke ich manchmal, dass es schon ausreicht, „nett” zu sein, um in den Himmel zu kommen? Verwende ich eher meinen eigenen Maßstab, um mich zu beurteilen, anstelle des Maßstabs Gottes?
2. Unterlassungen. Der reiche Mann schien sich niemals Gedanken um Lazarus zu machen. Der arme Mann war zweifellos ein bedauernswerter Anblick. So mancher hätte wohl schnell seinen Diener geschickt, um den Bettler zu vertreiben. Aber nicht der Reiche; nein, er überließ den Bettler absichtlich sich selbst. Doch da täuschte sich der reiche Mann. Seine Sünde bestand im Unterlassen. Er verlor seine Seele nicht für das, was er tat, sondern für das, was er nicht tat. Bin ich viel besser? Gibt es jemanden in Not, vielleicht direkt vor mir, den ich regelmäßig übersehe? Gibt es etwas, was ich tun könnte, um dem Bösen ein Ende zu setzen? Unterstütze ich die Aktion Pro-Life? Spende ich für die Armen? Widme ich einem hilfsbedürftigen Kind, meinem Bruder, meiner Schwester oder meinem Ehepartner die nötige Aufmerksamkeit?
3. Zu späte Liebe. Der reiche Mann, der jetzt verdammt ist, macht sich Sorgen um seine fünf Brüder. Sie leben vermutlich in Saus und Braus und sind dazu bestimmt, ebenso wie ihr unglückseliger Bruder zu enden. Die Sorge des reichen Mannes ist wohl berechtigt, aber sie kommt zu spät. Hätte er die Sorge um die Seelen seiner Brüder schon zu Lebzeiten geäußert, dann hätte das vielleicht Wirkung gehabt. Die Sorge um Familienmitglieder, ihnen zu helfen, in den Himmel zu kommen, ist die größte Liebe, die wir für sie aufbringen können. Alles andere wird sinnlos sein, wenn unser eigenes Verhalten (oder Unterlassen) andere davon abhält, die Erlösung zu erlangen. Veranlasst mich das, beständig für meine Familienangehörigen zu beten? Opfere ich etwas für sie auf? Versuche ich, anderen zu helfen, in ihrem Glauben zu wachsen?
Gespräch mit Christus: Herr, meine Zeit in dieser Welt ist kurz. Lass mich den Menschen hier und jetzt Liebe erweisen. Zu viele Menschen leiden unter dem unerwarteten Tod eines geliebten Menschen und bereuen dann, dass sie nicht mehr für sie getan haben. Lass mich nicht den gleichen Fehler machen. Hilf mir zu erkennen, dass jeder Tag ein Geschenk ist und jede Begegnung mit einem Menschen eine Gelegenheit, ihm deine Liebe zu zeigen.
Vorsatz: Ich will einem Menschen, der mir nahe ist und den ich darum gar nicht mehr so beachte, einen Akt der Nächstenliebe entgegenbringen.